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11.6 Baukosten überwachen

Mit dem Beginn der Bauausführung fängt im Kostenwesen ein neues Kapitel an: die Kostenplanung wird abgelöst durch die Kostenüberwachung. Mit diesem Instrument wird laufend überprüft, wie sich die effektiven Baukosten (Arbeitsvergebungen, Zahlungen etc.) in bezug auf die budgetierten Werte (= Kostenvoranschlag) entwickeln.

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Das Prinzip der Kostenüberwachung

Für die Kostenüberwachung verwenden die Planer ein Instrument, das in verschiedenen Varianten existiert, aber immer ähnlich aufgebaut ist. Es trägt unterschiedliche Bezeichnungen: Kostenstatus, Kostenkontrolle, Finanzrapport und weitere mehr. Es kann gröber oder feiner sein, viele oder wenige Spalten umfassen, stets geht es um das gleiche: Die kostenrelevanten Auswirkungen der Bauausführung werden mit dem Kostenvoranschlag verglichen.

Weiter hinten betrachten wir zwei typische Beispiele von Kostenüberwachungen näher, eine kurze und eine detaillierte Fassung. Anhand der Kurzversion (siehe Buchtabe A, nachfolgend) machen wir uns zunächst mit dem grundsätzlichen Aufbau eines Ueberwachungssystems vertraut. Wie beim Kostenvoranschlag sind die Arbeitsgattungen gemäss der Reihenfolge des Baukostenplanes BKP aufgeführt. Der Zahlenteil enthält jedoch nicht nur eine Spalte, sondern ein Tabellenwerk mit vier Spalten. Die beiden wichtigsten Spalten sind die erste, «Kostenvoranschlag (KV)», und die letzte, «Prognose». Für jede Arbeitsgattung wird also dem budgetierten Betrag (KV) die mutmassliche Schlussabrechnung (Prognose) gegenübergestellt. – Im folgenden gehen wir näher auf den Informationsgehalt aller vier Spalten ein.

Spalte «KV (Kostenvoranschlag)»

Diese Spalte wird direkt aus dem genehmigten Kostenvoranschlag übernommen. Es empfiehlt sich, die KV-Positionen während der ganzen Bauausführung unverändert zu lassen. Sie werden quasi «eingefroren», ungeachtet allfälliger Nachtragskredite oder Kreditkürzungen aus Projektänderungen.

Spalte «Verträge und Bestellungen»

Hier sind die bis zum Stichtag abgeschlossenen Werkverträge und Bestellungen enthalten. Pro Position kann mehr als ein Werkvertrag abgeschlossen werden. Die Position 272 (Schlosser, Metallbau) beispielsweise enthält einen Werkvertrag mit einem lokalen Metallbauer für die Treppengeländer sowie einen weiteren Werkvertrag mit einem spezialisierten Lieferanten für die Schutzraumbauteile.

Die Spalte ist nützlich für eine grobe Fortschrittskontrolle bezüglich der Arbeitsvergebungen. Aus ihr geht beispielsweise hervor, dass für einige Positionen des Gebäudeausbaus (Pos. 281, 282 etc.) die Werkverträge noch ausstehend sind. Die Spalte liefert ebenfalls gewisse Aufschlüsse über den Erfolg der Vergebungen. Die Vertragssummen sollten kleiner sein als die KV-Summen, weil allfällige Regiearbeiten normalerweise in den Werkverträgen nicht enthalten sind. Da nicht bei jeder Position ein Werkvertrag abgeschlossen wird (z. B. 511 Bewilligungen und Gebühren), ist das Gesamttotal von untergeordneter Bedeutung.

Spalte «Zahlungen»

In dieser Spalte wird pro Position die Summe der bisher geleisteten Zahlungen angegeben. Die Summe kann sich zusammensetzen aus mehreren Akontozahlungen für Akkordarbeiten und diversen Teilzahlungen für Regiearbeiten. Die Details zu den Zahlungen sind in der detaillierten Fassung der Kostenüberwachung aufgeführt.

Spalte «Prognose»

Diese Spalte lässt am ehesten Rückschlüsse auf Budgetabweichungen zu. Pro Position wird diejenige Grösse als Prognosewert eingesetzt, die der mutmasslichen Abrechnungssumme am nächsten kommt. Je nach Projektfortschritt können das unterschiedliche Prognosewerte sein. Unter den folgenden drei Möglichkeiten sind die zwei ersten einfach zu ermitteln, die dritte jedoch muss berechnet werden.

KV-Betrag 
Wenn noch kein Werkvertrag abgeschlossen ist, kann sinnvollerweise nur der KV-Betrag als Prognosewert angenommen werden. Beispiel: Gärtnerarbeiten (Pos. 421).

• Abrechnungsbetrag 
Wenn eine Position umgekehrt schon abgerechnet ist, dient logischerweise der Abrechnungsbetrag als Prognosewert. Beispiel: Baugrubenaushub (Pos. 201).

• Berechneter Prognosewert
In den meisten Fällen muss der Prognosewert mehr oder weniger aufwendig berechnet werden. Ausgangspunkt ist in der Regel die Werkvertragssumme. Je nach Situation wird diese nach unten oder (meist) nach oben angepasst. Zu berücksichtigen sind dabei Projektänderungen, Regiearbeiten oder Rückstellungen. Am Beispiel der Baumeisterarbeiten (Pos. 211) ist in der detaillierten Fassung der Kostenüberwachung dargestellt (siehe Buchstabe B, nachfolgend), wie der Prognosewert ermittelt wird. In der Kurzfassung ist lediglich das Resultat enthalten.

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Allfällige zusätzliche Spalten

Je nach den projektspezifischen Bedürfnissen können zusätzliche Spalten zu den oben erläuterten in die Baukostenüberwachung eingefügt werden. Nachfolgend betrachten wir einige Möglichkeiten:

• Spalte «revidierter KV»
Diese zusätzliche Spalte kann sinnvoll sein, wenn viele Projektänderungen vorgenommen werden. Die während der Bauausführung gesprochenen Zusatzkredite wie auch die Kreditkürzungen werden hier verbucht.

• Spalte «KV mit Teuerung»
Bei einer langen Projektdauer mit erheblicher Teuerung ist es denkbar, die Budgetpositionen des KV gemäss den Vereinbarungen im Werkvertrag laufend der Teuerung anzupassen. So hat man einen ständig aktuellen, quasi indexierten KV. Empfehlung: Nach Möglichkeit vermeiden.

• Spalte «Abweichungen»
Darunter sind die Abweichungen der Prognosewerte vom KV zu verstehen. Diese Spalte enthält keine neuen Informationen, sondern bietet lediglich mehr Lesekomfort.

Gesamthaft betrachtet, wird der Informationsgehalt des Tabellenwerkes nicht wesentlich höher mit zusätzlichen Spalten. Dafür droht die latente Gefahr, dass ein Zahlenfriedhof entsteht.

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A. Kurzfassung der Kostenüberwachung

Für die Baukostenüberwachung gibt es, wie bereits erwähnt, zwei typische Fassungen: eine kurze und eine detaillierte. Die Kurzfassung (siehe nachfolgende Tabelle) umfasst selbst bei grösseren Projekten nur einige wenige Seiten. Normalerweise genügt sie für die Informationsbedürfnisse der Bauherrschaft. Sie enthält auf knappem Raum eine beeindruckende Fülle von nützlichen Informationen.

Meiner Ansicht nach sollte die Kurzfassung der Baukostenüberwachung im Rhythmus von etwa einem Monat an die Bauherrschaft abgegeben werden. Kompetente Bauleiter, die mit einem PC umgehen können, haben mit dieser Forderung keine Probleme. Mit den heutigen technischen Hilfsmitteln kann man die Kostenüberwachung sogar ohne weiteres tagesaktuell führen. Vorbei sind die Zeiten, als Berichte zum Kostenstand höchstens alle drei Monate möglich gewesen sind und mühsam mit Taschenrechner und Schreibmaschine haben erstellt werden müssen.

Interpretation des Beispiels

Unser Beispiel einer Baukostenüberwachung in Kurzform umfasst lediglich zwei Seiten. Trotz der Kürze enthält der Finanzrapport aber die wesentlichen Informationen, welche die Bauherrschaft interessieren.

Die erste und die vierte Spalte sind die wichtigsten. In der ersten Spalte sind die Zahlen des genehmigten Kostenvoranschlags (Gesamtsumme 866 500 Fr.) enthalten, die während der ganzen Dauer der Kostenüberwachung nicht geändert werden. Ihr gegenübergestellt wird die Prognose der mutmasslichen Abrechnung. Auf das Stichdatum wird mit einer Abrechnungssumme von 859 559 Fr. gerechnet. Somit ist eine Unterschreitung des Kostenvoranschlags um etwa 7 000 Fr. zu erwarten.

Von untergeordneter Bedeutung sind die beiden übrigen Spalten. In der zweiten Spalte ist aufgelistet, welche Werkverträge bisher abgeschlossen worden sind (einschliesslich Bestellungen). Die dritte Spalte enthält die bisher geleisteten Zahlungen, gesamthaft 350 072 Fr. Noch ausstehend sind somit 509 487 Fr., bezogen auf die Prognose der Abrechnungssumme.

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Kurzfassung der Kostenüberwachung

k11-6a

k11-6b

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B. Detaillierte Kostenüberwachung

Die detaillierte Kostenüberwachung ist wesentlich länger als die Kurzfassung. Hier sind für alle Arbeitsgattungen detaillierte Informationen über Zahlungen, Nachträge, Rückstellung und dergleichen enthalten. Ein mittleres Bauprojekt umfasst um die 50 Werkverträge und über 200 einzelne Zahlungen. Pro BKP-Position sind ferner allfällige Mehr- und Minderleistungen (Bestellungsänderungen) ausgewiesen sowie Rückstellungen vorgenommen. Diese groben Angaben vermitteln einen Eindruck von der Datenmenge, die in einem detaillierten Bericht enthalten ist. Ein Papierausdruck kann leicht 30 bis 50 Seiten umfassen. Meiner Ansicht nach dürfte es angemessen sein, ihn etwa alle drei Monate an die Bauherrschaft abzugeben.

Nachfolgend werfen wir einen Blick in einen kleinen Ausschnitt einer detaillierten Kostenüberwachung. Er bezieht sich auf die Position 211 (Baumeisterarbeiten). Von besonderem Interesse ist die Ermittlung des Prognosewertes. Ausgangspunkt ist die Werkvertragssumme von 196 573 Fr. Für diesen Betrag hat die Bauherrschaft mit der Firma Prontobau AG einen Werkvertrag für die Baumeisterarbeiten abgeschlossen. Dieser Betrag wird bereinigt um die zwischenzeitlich beschlossenen Projektänderungen (Minderleistungen 2 500 Fr.; Mehrleistung 1 000 Fr.). Schliesslich werden die abgerechneten Regiearbeiten (1 242 Fr.) hinzugezählt sowie Rückstellungen für noch absehbare Regiearbeiten vorgenommen (2 000 Fr.). Gesamthaft ergibt sich im Beispiel der Baumeisterarbeiten eine Prognose für die mutmassliche Abrechnung von 198 315 Fr. Dies ergibt eine Unterschreitung des Kostenvoranschlags um 3 685 Fr.

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Ausschnitt aus einer detaillierten Kostenüberwachung (Beispiel Baumeisterarbeiten)

k11-6c


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