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Kommentar zur digitalen Neuausgabe 2019 von «Günstiger bauen»
(20 Jahre nach der erstmaligen Publikation)
Die Ausführungen sind aus meiner Sicht zeitlos und können somit auch heute noch gelesen werden.
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Inhalt Kapitel 13:
13.1 Umfang der Bauherrenaufgaben
13.2 Entscheidungsfindung und Protokolle
13.3 Externe Unterstützung
Bei der Besprechung des traditionellen Architektenverfahrens im Teil II des Buches sind wir auf viele Aufgaben gestossen, die die Bauherrschaft in irgendeiner Form direkt betreffen. In diesem abschliessenden Kapitel des Teils II stellen wir ihre Aufgaben nochmals in einer Übersicht zusammen. Wir gehen anschliessend darauf ein, wie der Bauherr seine Projektführungsrolle wahrnehmen kann. In erster Linie geht es darum, den Prozess der Entscheidungsfindung sinnvoll zu organisieren und die Entscheide in Form von Protokollen zu dokumentieren. Da bei grösseren Bauprojekten die nicht sachverständige Bauherrschaft bei der Projektführung schnell an Grenzen stösst, befassen wir uns zudem mit der Frage, auf welche Weise sie externe Unterstützung erhalten kann.
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13.1 Umfang der Bauherrenaufgaben
In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Aufgaben der Bauherrschaft zusammengestellt. Sie sind, entsprechend dem Aufbau des Buches, mehr oder weniger chronologisch aufgeführt. Der Tabelle kann entnommen worden, wo im Buch die einzelnen Aufgaben detaillierter beschrieben sind. In den meisten Fällen ist ein direkter Verweis auf Abschnitte möglich. Eine Ausnahme bildet die Planungsphase, bei der lediglich auf die entsprechenden Kapitel hingewiesen wird. Die Uebersichtstabelle enthält zudem einige Bauherrenaufgaben, auf die ich in diesem Buch nicht näher eingehe (z. B. Versicherungen abschliessen).
Wenn die Bauherrschaft ihre Aufgaben im Griff hat, kann sie die Kosten mit einem grossen Hebeleffekt beeinflussen. Wie kompetenter sie ist, desto grösser sind ihre Chancen, günstig zu bauen.
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Eine Bauherrenaufgabe:
Koordination Bauplanung – Betriebsplanung
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Wichtige Bauherrenaufgaben beim Architektenverfahren (mit Einzelunternehmern)
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A. Projektdefinition
- Bauprojekt in den Grundzügen definieren; Pflichtenheft erstellen (Nutzung, Raumprogramm, Kostenziel, Termine etc.); Kapitel 6 «Das Pflichtenheft»
- Vorgaben zur Qualitätssicherung formulieren (eventuell); Abschnitt 5.3 «Projektbezogene Qualitätssicherung»
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B. Planer beauftragen
- Architekt evaluieren; Kapitel 7 «Planungsbüros auswählen» generell
- übrige Bauplaner evaluieren; Abschnitt 7.6 «Auswahl der übrigen Bauplaner»
- Projektorganisation festlegen; Abschnitt 7.7 «Die Projektorganisation»
- Grundprinzip der Honorierung von Bauplanern verstehen; Kapitel 8 «Vertrags- und Honorarfragen» generell
- Architektenvertrag abschliessen; Abschnitt 8.4 «Der gute Weg zu marktgerechten Architektenhonoraren»
- übrige Planerverträge abschliessen; Abschnitt 8.7 «Einige Honorarfragen der übrigen Planer»
- spezielle Vertragsformen prüfen; Abschnitt 8.8 «Spezielle Vertragsformen»
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C. Planungsphase
Die folgenden Tätigkeiten sind im Kapitel 9 «Die Planungsphase» und Kapitel 10 «Kostenermittlung in der Planungsphase» behandelt:
- Projektausarbeitung durch Planer begleiten (Ziele formulieren; Anregungen geben; Zwischenentscheide fällen)
- Kostenoptimierung überwachen
- Vorgaben für Energiekonzept festlegen
Bauprojekt und Kostenvoranschlag genehmigen
Weitere Tätigkeiten in der Planungsphase:
- Bauplanung und Betriebsplanung koordinieren (z. B. bei Fabriken)
- Projektänderungen kritisch verfolgen (Prinzip «Nadelöhr»); Abschnitt 6.4 «Einige Spezialfragen (zum Pflichtenheft»); Absatz «Pflichtenheft einfrieren»
- Versicherungen abschliessen (Bauwesen; Bauherrenhaftpflicht etc.)
- Finanzierung regeln
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D. Realisierungsphase
- Projektoptimierung während Detailplanung begleiten (-> Kap. 9 und Kap. 10)
- Detailspezifikationen festlegen (Materialwahl, Katalogbauteile etc.); Abschnitt 9.3D «Optionen»
- Grundprinzip des Werkvertragsrechtes verstehen; Abschnitt 11.2 «Vom Dschungel der Gesetze und Normen bei der Bauausführung
- Ausschreibung der Bauarbeiten (Devisierung) kritisch begleiten; Abschnitt 11.4 «Bauarbeiten ausschreiben»
- Vertragsverhandlungen führen (eventuell); Arbeiten vergeben; Abschnitt 11.5 «Bauarbeiten vergeben»
- Prinzip der Kostenüberwachung genehmigen; Kostenentwicklung periodisch kontrollieren; Abschnitt 11.6 «Baukosten überwachen»
- Regiearbeiten kritisch überwachen; Abschnitt 11.3 «Was Bauherrschaften über Werkverträge wissen sollten / SIA-Norm 118, Buchstabe C
- Projektänderungen genehmigen (z. B. Zusatzwünsche); dito wie oben, Buchstabe E
- Rechnungswesen überwachen (Akontozahlungen etc.); Schlussabrechnung kontrollieren und genehmigen; dito wie oben, Buchstabe F
- Baustelle überwachen (Werkmängel erkennen); dito wie oben, Buchstabe H
- Abnahme des Werkes überwachen; Werk genehmigen; dito wie oben, Buchstabe G
- Garantiearbeiten überwachen; Schlussabnahme durchführen; dito wie oben, Buchstabe I
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13.2 Entscheidungsfindung und Protokolle
Bei jedem grösseren Bauprojekt stellt sich die Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft und Planern zu gestalten sei. In welcher Form kommen die Projektbeteiligten zusammen? Wie werden die Entscheide gefällt und protokolliert? Im folgenden lege ich dar, mit welche Grundsätzen ich in der Praxis gute Erfahrungen gemacht habe.
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Ein Entscheidungsgremium, mehrere Nutzergremien
Die Kunst der kostenbewussten Leitung komplexer Bauprojekte kann man zu einem nicht geringen Teil auf folgenden elementaren Grundsatz zurückführen:
«Alles, was Geld kostet, muss im Entscheidungsgremium beantragt werden.
Es wird kein Franken ausgegeben, bevor dafür nicht ein Betrag (Kredit) formell freigegeben wird.»
Es soll bei jedem Bauprojekt nur ein Gremium geben, das Geld ausgeben (Kredite sprechen) kann. Dieses zentrale Entscheidungsgremium bezeichnet man oft als Baukommission, manchmal auch als Steuerungsausschuss, Koordinationssitzung oder ähnlich. Selbst wenn ein Bauvorhaben aus verschiedenen Teilprojekten besteht, soll es nur einen Geldhahn geben. Er wird ausschliesslich in der Baukommission betätigt.
Die Baukommission ist bei grösseren Bauprojekten wohl das einzige Gremium mit Finanzkompetenz, aber vielfach nicht das einzige Gremium zur Projektsteuerung. Pro Teilprojekt gibt es meistens noch besondere Spezialteams, die sich vorzugsweise mit Nutzungsfragen befassen. Bei einem Industrieprojekt kann es beispielsweise zusätzliche Spezialteams (Nutzergremien) geben für die Montagehalle, den Bürotrakt oder die Heizzentrale (siehe Abbildung). Diese Nutzerteams für Teilprojekte sollen nur die Ermächtigung haben, Grundsatzbeschlüsse auszuführen, die in der Baukommission gefällt werden. Wenn die Nutzer zusätzliche Wünsche haben, müssen sie in der Baukommission einen Kreditantrag stellen. Sie können nicht in eigener Kompetenz Geld ausgeben. Es ist ganz wichtig, dass das Grundprinzip der Kreditsprechung den Projektbeteiligten zu Beginn eines Bauprojektes klar ist: Jeder Kredit muss in der Baukommission freigegeben werden.
Baukommission
Die Baukommission als zentrales Entscheidungsgremium soll klein sein. Im Minimum umfasst sie bei kleineren Projekten nur den Bauherrn und den Architekten als Gesamtleiter. Bei grösseren Projekten wird der Kreis meistens ausgeweitet. Bei einem Industrieprojekt kann die Bauherrenseite beispielsweise den Geschäftsleiter, den Finanzchef und den beauftragten Projektmanager umfassen. Die Planerseite besteht vielfach aus dem Projektleiter und dem Entwurfsarchitekten. Je nach Projektstand ist es sinnvoll, bei Bedarf zusätzliche Gäste in die Baukommission einzubeziehen. Das können auf Bauherrenseite beispielsweise Mitglieder von Nutzergremien sein. Die Anwesenheit des Produktionschefs etwa ist dann nützlich, wenn wichtige betriebliche Fragen mit baulichen Auswirkungen entschieden werden. Manchmal werden auf Planerseite auch die Spezialingenieure direkt einbezogen. Persönlich begrüsse ich es, wenn die zuständigen Fachplaner ihre Konzepte selber präsentieren können, bevor sie diskutiert und genehmigt werden.
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Gremien für die Projektführung
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Sitzungsrhythmus
Die Baukommission tagt üblicherweise im Rhythmus von zwei bis vier Wochen, abhängig vom Projektstand. Am Anfang eines Projektes bis zur Baueingabe ist der Rhythmus am kürzesten (z. B. zweiwöchentlich), weil hier die Entscheidungsdichte am höchsten ist. Zwischen Baueingabe und Baubeginn sind vielleicht noch alle drei Wochen Sitzungen notwendig. Während der eigentlichen Bauausführung schliesslich ist auch bei relativ grossen Projekten eine monatliche Sitzung der Baukommission genügend. Gesamthaft gesehen kommt man in vielen Fällen auf etwa 25 bis 30 Sitzungen für die gesamte Projektdauer.
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Abschätzung der Anzahl Baukommissionssitzungen
(Beispiel Industriebauprojekt mit mehreren Teilprojekten
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Protokolle der Baukommission
Protokolle sind bei Bauprojekten ein Projektführungsinstrument erster Güte. Es lohnt sich, die Kunst des Protokollierens zu kultivieren und dafür einen gewissen Aufwand in Kauf zu nehmen. Protokolle dienen primär dazu, Entscheide zu dokumentieren und pendente Aufgaben für die Mitglieder der Projektgremien laufend nachzuführen.
Die wichtigsten Entscheide, die in Protokollen festgehalten werden, sind in der Regel finanzieller Natur. In diese Gruppe gehören namentlich die Genehmigung des Kostenvoranschlags, Entscheide zu Arbeitsvergebungen, Genehmigungen von (Kredit-) Nachträgen oder Freigaben von grösseren Regiearbeiten. Protokolliert werden ferner Planungsentscheide aller Art (Auswahl von Varianten etc.). Es zahlt sich aus, im Protokoll etwas mehr als nur den reinen Entscheid festzuhalten und auch die massgeblichen Grundüberlegungen und Argumente vor dem schnellen Vergessen zu bewahren. Dadurch wird die Protokollsammlung zu einer einzigartigen Projektdokumentation, die für verschiedenste Zwecke sehr nützlich sein kann. Gesamthaft ist mit etwa 25 bis 30 Protokollen zu rechnen, analog zur Anzahl der Baukommissionssitzungen. – In der Phase der Projektdefinition werden vielfach keine Protokolle erstellt. Es ist meistens sinnvoller, das Ergebnis in Form eines detaillierten Abschlussberichtes zu dokumentieren.
Bei kleineren Projekten fertigt in der Regel der Architekt (als Gesamtleiter) die Protokolle an. Bei grösseren Projekten übernimmt diese Aufgabe vielfach der (bauherrenseitige) Projektmanager. Es ist sinnvoll, dass er (und nicht der Architekt) die Sitzungen des Projektführungsorganes (Baukommission) vorbereitet, leitet und protokolliert. An diesen Sitzungen werden nämlich auch Themen behandelt (z. B. zur Betriebsplanung), für welche die Präsenz des Architekten gar nicht nötig ist.
Eine gute Sitzungsvorbereitung erleichtert die Baukommissionssitzungen erheblich. Die Traktandenliste mit den wichtigsten Entscheidungsgrundlagen soll den Sitzungsteilnehmern ein paar Tage vor der Sitzung zugestellt werden.
Planungsbesprechungen von Nutzergremien, die zusätzlich zur Baukommission bei jedem grösseren Projekt vorkommen, sind ebenfalls zu protokollieren. Hier geht es vor allem um bauliche und betriebliche Detailentscheide. Diese Protokolle werden in der Regel von Planerseite erstellt und nicht vom bauherrenseitigen Projektmanagement.
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Inhalte von Protokollen der Baukommission
Finanzielle Aspekte
- Genehmigung Kostenvoranschlag
- Arbeitsvergebungen (ausgewählter Unternehmer, Vertragssumme, Rabatt, Skonto, spez. Bedingungen)
- Freigabe von Kreditnachträgen und grösseren Regiearbeiten
- periodische Kostenüberwachung (bisherige und ausstehende Zahlungen,
- Kommentare zu Budgetabweichungen, Prognose Schlussabrechnung)
Planungsentscheide
- Auswahl von Projektvarianten (mit Planbeilagen); Angabe der wichtigsten Entscheidungskriterien
- Detailspezifikationen aller Art
- Projektänderungen
Laufende Terminüberwachung (mit ständig nachgeführten Terminplänen)
Pendente Aufgaben für Projektmitglieder (Verantwortlichkeiten; Termine)
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13.3 Externe Unterstützung
Die Bauwirtschaft ist so organisiert, dass auch Laien problemlos Bauvorhaben in Auftrag geben und realisieren können. Nicht Sachkundige finden auf dem weiten Gebiet des Planens und Bauens Tausende von dienstbaren Geistern, die alle ihre Wünsche gerne erfüllen: Architekten, Ingenieure, Generalunternehmer, gewöhnliche Unternehmer und viele weitere mehr. Nicht immer ist beim Ergebnis aber das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen über alle Zweifel erhaben.
Mit sachkundiger Bauherrenberatung erhält die Bauherrschaft eine erhöhte Gewähr, dass bei ihrem Bauvorhaben das Verhältnis zwischen Preis und Leistung stimmt. Externe Unterstützung auf Bauherrenseite macht eine preisgünstige Projektrealisierung eindeutig wahrscheinlicher. – Aber wem unter der Gilde unterschiedlicher Berater soll die Bauherrschaft das Vertrauen schenken?
Von Erbsenzählern und Spielmachern
Es gibt in der Wirtschaft unterschiedliche Arten von Fachspezialisten und Führungskräften. Von bürokratisch-zahlenorientierten bis zu dynamisch-progressiven Charakteren findet man alle Zwischenstufen. Das gleiche Spektrum an Grundhaltungen gibt es auch bei den Bauherrenberatern. Mit zwei typischen Erscheinungsformen befassen wir uns etwas näher: die eine Gruppe bezeichnen wir als «Buchhalter», die andere als «Spielmacher».
Bei den «Buchhaltern» (auch Erbsenzähler oder englisch «beancounter» genannt) geht es primär um Zahlen und Paragraphen. Vom Geschäft an und für sich verstehen sie nicht viel. Sie sind weder Ingenieure noch Architekten, sondern Juristen, Treuhänder oder eben tatsächlich Buchhalter. Sie sorgen in erster Linie dafür, dass keine kommerziellen und juristischen Fehler passieren und dass die Dinge richtig laufen. Die pragmatischen Amerikaner stellen das Wirken der Buchhalter unter folgendes Motto: «To do the things right» (die Dinge richtig tun).
Ganz anders ist es bei den «Spielmachern». Ihr Motto heisst: «To do the right things» (die richtigen Dinge tun). Ihre Ambition geht darüber hinaus, keine Fehler zu machen, vielmehr streben sie an, für die gegebene Aufgabe mit Intuition und Kreativität den richtigen Weg zu finden. Es kann vielleicht sogar ein neuer, noch nie begangener Weg sein. Spielmacher trauen sich zu, unbekannte Wege zu gehen, da sie absolute Fachleute auf dem Gebiet sind und über der Sache stehen. Sie sind eine Art Künstler.
Wir bezeichnen einen Bauherrenberater vom Typ «Spielmacher» mit umfassender Fachkompetenz als Projektmanager. Er lässt sich vom Projekt nicht treiben, sondern geht ihm weit voraus und zieht es mit aller Kraft. Er ist dem Projektleiter auf Auftragnehmerseite fachlich ebenbürtig. Von Profi zu Profi kann er mit ihm auf gleicher Ebene sprechen. Eine Bauherrschaft, die den maximalen Gegenwert für ihre Investition erhalten will, ist vermutlich mit einem Bauherrenberater vom Typ «Spielmacher» am besten bedient.
Von einem sachkundigen Bauherrenberater können aber auch die beauftragten Planer profitieren. Er sorgt dafür, dass die Bauherrschaft ihre Aufgaben richtig wahrnimmt und insbesondere Entscheide rechtzeitig fällt. Dadurch wird die Arbeit der Planer nicht nur berechenbarer und somit weniger hektisch, sondern auch effizienter: Der Planungsauftrag wird rentabler.
Anmerkung an die lieben Buchhalter
Falls unerwarteterweise ein Buchhalter dieses Buch lesen sollte, möchte ich gleich ein Klarstellung anbringen: Buchhalter sind in unserer Wirtschaftswelt natürlich ausgesprochen nützliche und eminent wichtige Leute. Die Buchhaltermentalität braucht es, um die ganze Zahlenwelt eines Unternehmens in Ordnung zu halten.
Aber ein Buchhalter ist kein Spielmacher. In der Welt des Sports zeichnet sich ein Spielmacher vielfach dadurch aus, dass er genau das tut, was der Gegner nicht erwartet. Im Fussball etwa ist er ein Künstler, kreativ und unberechenbar. – Ein Buchhalter dagegen brilliert mit Konstanz, Fleiss und absoluter Zuverlässigkeit.
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Varianten der Bauherrenberatung
Bauherrenberatung kann von Bauherren in sehr unterschiedlicher Intensität beansprucht werden. Nachfolgend betrachten wir drei typische Fälle näher.
Spontanberatung
Wenn ein Bauherr während seines Bauvorhabens nur ein einziges Mal oder allenfalls ganz wenige Male unabhängige Beratung wünscht, kann man von Spontanberatung sprechen. Vermutlich die meisten Bauherren hätten das Bedürfnis, im Lauf ihres Projektes mit einem unabhängigen Fachmann (spontan) sprechen zu können, aber offenbar gibt es nicht viele Möglichkeiten dazu. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich immer wieder auf Bauherren treffe, die haarsträubende Dinge erleben und niemanden fragen können, was eigentlich normal wäre. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte von Herrn Meyermüller (siehe Abschnitt 8.9A «Beispiel Honorarfragen Einfamilienhaus»).
Für Spontanberatungen bieten sich zwei Zeitpunkte ganz besonders an: der Projektstart und die Zeit kurz vor Baubeginn. Weitaus am ergiebigsten wäre der Projektstart, aber kaum jemand nutzt diese Gelegenheit. Schon eher ist man für unabhängige Ratschläge empfänglich, wenn man die meisten Illusionen verloren hat, was kurz vor Baubeginn der Fall sein dürfte. Leider kann man zu diesem Zeitpunkt nur noch beschränkt Schaden verhüten.
Es ist für einen Bauherrn ideal, einen Bekannten aus der Baubranche zu haben, der zu einer kostenlosen Spontanberatung bereit ist. Wer über keine derartigen Kontakte verfügt, kann es bei Ratgeberorganisationen wie dem «Beobachter» versuchen. Schliesslich sind professionelle Bauherrenberater eine Überlegung wert, wobei hier allerdings die Spreu nicht so leicht vom Weizen zu trennen sein dürfte. Es tummeln sich allerhand Existenzen in der Baubranche.
Bei einer bezahlten Spontanberatung durch einen kompetenten Profi empfiehlt es sich, die Entschädigung vorgängig fest zu vereinbaren. Ein Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden reicht meistens aus, die wichtigsten Fragen zu beantworten. Als Richtwert kann ein Betrag von 300 Fr. angenommen werden.
Einflüsterungs-Projektmanagement
Eine milde Form einer längerdauernden Bauherrenberatung ist das sogenannte Einflüsterungs-Projektmanagement. Es zeichnet sich dadurch aus, dass die Bauherrschaft das Projekt an und für sich selber leitet, aber einen externen Berater regelmässig beizieht, beispielsweise für die Baukommissionssitzungen. Der Berater wirkt hier nicht als Projektleiter, sondern als eine Art graue Eminenz. Da er von der ganzen Projektadministration (Protokolle verfassen etc.) entlastet ist, ist sein zeitlicher Aufwand bescheiden.
Häufig übernimmt der Bauherrenberater neben der Ad-hoc-Beratung während der Baukommissionssitzungen noch gewisse weitere Aufgaben. Denkbar ist beispielsweise eine Aufsicht über das Rechnungswesen während der Bauausführung (Überprüfung und Genehmigung aller Rechnungen).
Als grober Richtwert für den Arbeitsaufwand beim Einflüsterungs-Projektmanagement kann ein halber Tag pro Monat angenommen werden. Dies ergibt ungefähre monatliche Kosten von ab 500 Fr.
(Echtes) Projektmanagement
Die intensivste Form der Bauherrenberatung ist das normale (echte) Projektmanagement. Darunter verstehen wir die bauherrenseitige Projektleitung durch einen externen (beauftragten) Projektleiter. Projektmanagement beinhaltet die gesamte Projektführung auf Auftraggeberseite.
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Beispiele von Tätigkeiten des externen (beauftragten) Projektleiters
- Planerverträge aushandeln
- Baukommissionssitzungen leiten, vorbereiten und protokollieren
- Zahlungswesen überwachen
- an Nutzergesprächen teilnehmen
- interne Besprechungen der Bauherrschaft moderieren
- Bauwerke abnehmen
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Anhand eines Beispiels schätzen wir den zeitlichen und finanziellen Aufwand für das (externe) Projektmanagement grob ab. Wir gehen aus von einem mittelgrossen industriellen Projekt mit etwa 10 Mio. Baukosten, das aus mehreren Teilprojekten besteht. Für die eigentlichen Bauherrenaufgaben (ohne Betriebsplanung) kann während der Planungsphase mit einem zeitlichen Aufwand von etwa sechs Tagen pro Monat gerechnet werden. Während der Ausführungsphase sinkt der Aufwand auf etwa vier Tage pro Monat. Für die gesamte Projektdauer von angenommen knapp zwei Jahren ergibt sich ein Betrag von gut 80 000 Fr. für das externe Projektmanagement.
Bei komplexeren Projekten kann zusätzlich zum normalen Projektmanagement noch ein unter Umständen erheblicher Aufwand für die Betriebsplanung hinzukommen. Richtwerte sind hier kaum möglich, weil die zeitliche Belastung stark vom Projekt abhängt. Der angegebene Betrag von knapp 40 000 Fr. ist lediglich als Beispiel zu verstehen. Er bezieht sich auf eine nicht allzu aufwendige Layoutplanung für ein Industrieprojekt.
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Richtwerte für den zeitlichen Aufwand und die Kosten des Projektmanagements
(einschliesslich Richtwerte für Betriebsplanung)