.

Kommentar zur digitalen Neuausgabe 2019 von «Günstiger bauen»
(20 Jahre nach der erstmaligen Publikation)

siehe Ausführungen bei Kapitel 14

.


Inhalt Kapitel 17:

17.1 Projekt und Angebot ausarbeiten
17.2 Angebotspreise vergleichen
17.3 Übrige Entscheidungskriterien
17.4 Vertragsverhandlungen
17.5 Entscheid, Vertragsabschluss

Die Projektausarbeitung ist bei der Praktikermethode die zweite und entscheidende Phase der Gesamtleistungsausschreibung. Die zwei (eventuell drei) Totalunternehmer, die sich anlässlich der Vorauswahl dafür haben empfehlen können, arbeiten unabhängig voneinander je ein komplettes Projekt aus. In diesem Kapitel gehen wir darauf ein, was ein vollständiges Angebot umfasst und welche Schritte die Bauherrschaft unternehmen muss, bis der Vertrag mit dem Gewinner der Ausschreibung abgeschlossen werden kann.

.

17.1 Projekt und Angebot ausarbeiten

In der Phase der Projektausarbeitung entwickeln die ausgewählten Bewerber die Projektskizze aus der Vorauswahl weiter zu einem fertig ausgearbeiteten Projekt. Diese Phase ist relativ kurz und dauert etwa zwei bis drei Monate. Am Schluss liegt ein genügend detailliertes und komplett dokumentiertes Bauprojekt vor. Die Kosten können nun aufgrund einer soliden Grundlage ermittelt werden. Der Entscheid, wer den Auftrag erhält, fällt erst jetzt. Der Hauptvorteil dieses Vorgehens liegt auf der Hand: Da während der ganzen Projektausarbeitung Konkurrenz vorhanden ist, wird zu jeder Zeit kostenbewusst geplant.

Allerdings bringt die Projektausarbeitung durch konkurrierende Planungsteams auch gewisse Nachteile mit sich. Zu berücksichtigen ist namentlich der Aspekt der Planungskosten, weil zwei Teams zu entschädigen sind. Ferner verlangsamt die Wettbewerbssituation während der Projektausarbeitung das Verfahren. Beide Gesichtspunkte werden wir im Kapitel 19 näher betrachten.

Bei einigen speziellen Projekten kommt noch ein weiterer Nachteil hinzu. Die Anlaufstellen auf Seite der Bauherrschaft sind stärker belastet, wenn zwei Planungsteams zu betreuen sind. Besonders ins Gewicht fällt dies bei anspruchsvollen betrieblichen Planungen (beispielsweise Fabrikprojekte), wo viele Aspekte zwischen Betriebsplanung und Bauplanung zu klären sind.

Verfeinerung der Projektidee

Bei der Projektausarbeitung geht es, wie gesagt, um eine Optimierung und Verfeinerung der vorhandenen Projektidee. Es ist zweckmässig, dass die Bauherrschaft am Anfang mit beiden Teams (unabhängig voneinander) das skizzenartige Projekt aus der Vorauswahl bespricht. Sie legt dar, wo sie generelle Verbesserungsmöglichkeiten sieht. Die Überarbeitungen können den Entwurf als Gesamtes betreffen oder nur Teile davon (Statik, Gebäudetechnik, Umgebungsgestaltung etc.). Es ist ferner denkbar, dass Erkenntnisse aus der baulichen Planung Rückwirkungen auf die Anforderungen der Bauherrschaft (Pflichtenheft) haben. Falls dies zutrifft, sind beide Teilnehmer in gleicher Weise über die Aenderungen zu informieren.

Bei gewissen Projekten ist es oft nicht möglich, dass zum Zeitpunkt der Projektausarbeitung bereits alle Fragen hinsichtlich Nutzung und Betrieb ausreichend geklärt sind. In diesem Falle ist es am besten, den vorhandenen Planungsstand quasi einzufrieren. Die Ausgangslage soll bei beiden Konkurrenten gleich sein.

Fairplay!

Es empfiehlt sich eindringlich, den kreativen Wettstreit während der Projektausarbeitung fair durchzuführen. Das geistige Eigentumsrecht an Ideen ist zu respektieren. Man soll es unterlassen, wesentliche Lösungsansätze eines Kandidaten bei der Konkurrenz einfliessen zu lassen. Sonst riskiert die ausschreibende Bauherrschaft unter Umständen noch, dass der nicht berücksichtigte Anbieter dafür Schadenersatz verlangt (Gauch, Werkvertrag, Seite 145).

Das Weiterreichen von Ideen liegt auch nicht im Interesse des Bestellers, denn es sollen ja möglichst unterschiedliche Lösungen zur Disposition stehen.

.

Umfang und Gliederung der Angebote

Totalunternehmerangebote für die Realisierung baulicher Gesamtleistungen sind in der Regel ziemlich umfangreich. Sie bestehen nebst einem Vertragsentwurf aus Plänen, Kostenangaben sowie Beschreibungen der Leistungen und Qualitäten.

Entwurf für den Vertrag

Kernstück des Totalunternehmerangebots ist der Vertragsentwurf, der als Basis für die Vertragsverhandlungen dient. Er hat den Charakter eines Generalunternehmer-Werkvertrags, wobei die Planungsleistungen für die Ausführungsplanung darin eingeschlossen sind. In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Punkte aufgeführt, die im Vertrag geregelt sein sollen.

.

Die wichtigsten Bestandteile des Entwurfs für den Totalunternehmer-Werkvertrag

  • Umfang der Leistungen
  • generelles Vorgehen; Beteiligte; Projektorganisation
  • Werkpreis; detailliertere Angaben zu den Kosten
  • Art der Abrechnung (z. B. offene Abrechnung mit Kostendach)
  • Zahlungsplan
  • Terminplan (Ecktermine für Planung und Ausführung)
  • Konventionalstrafen

.

Pläne

Die Pläne als integrierende Bestandteile des Angebots sind vielfach in Ordnerform separat abgelegt. Sie umfassen in erster Linie die sogenannten Architektenpläne (Grundrisse, Schnitte, Fassaden, wichtige Details etc.). Bei den meisten Projekten ist es auch nötig, Pläne der Haustechnikplaner beizulegen. Diese beinhalten die Konzepte der gebäudetechnischen Systeme (Starkstrom, Schwachstrom, Sanitär, Heizung, Lüftung etc.). Bei statisch anspruchsvollen Projekten gehören ferner Angaben über das statische Konzept in die Plandokumentation. Perspektivische Darstellungen oder Modelle zählen zwar in der Regel nicht zu den Vertragsunterlagen, werden als besonders anschauliche Hilfsmittel aber gerne für die Entscheidungsfindung verwendet. Oft werden sie von der Bauherrschaft auch verlangt.

Kostenangaben

Es ist zweckmässig, wenn nicht nur der pauschale oder globale Werkpreis angegeben wird, sondern die Kosten in einem gewissen Detaillierungsgrad aufgeschlüsselt werden. Die Gliederung wird mit Vorteil vorgängig zwischen Bauherrschaft und Anbieter vereinbart, abgestimmt auf die Art des Bauvorhabens. Erst dadurch ist für die Bauherrschaft eine Plausibilitätsüberprüfung und ein aussagekräftiger Angebotsvergleich möglich (weiteres dazu im nächsten Abschnitt 17.2 «Angebotspreise vergleichen»).

Beschreibung der Leistungen

Die vorgesehenen Leistungen und Qualitäten sind genügend genau zu beschreiben. Diese Unterlagen, geordnet nach der Systematik der Kostenermittlung, können recht umfangreich sein. Der grössere Teil davon ist in Form von Prospekten und technischen Details in Ordnerform abgelegt. Häufig werden für einzelne Bauteile auch Muster in Originalgrösse verwendet, beispielsweise für Konstruktionen von Fenstern oder Flachdächern. Diese voluminösen Stücke gehören im weiteren Sinne auch zu den Vertragsunterlagen.

.

17.2 Angebotspreise vergleichen

Die Bauherrschaft interessiert sich erfahrungsgemäss in hohem Masse für die Preise der Angebote. Wenn es nicht so wäre, bräuchte sie den Aufwand einer Gesamtleistungsausschreibung nicht auf sich zu nehmen und könnte sich mit einem Architektenwettbewerb begnügen. Damit sie sich aber vertieft mit der Offerte auseinandersetzen kann, braucht sie ein gewisses Minimum an Detailinformationen über die Kosten. Mindestens die Preise der wichtigsten Arbeitsgattungen oder Bauelemente sollte sie kennen. Je komplexer das Bauprojekt ist, desto detaillierter sollen die Preisangaben sein. Bei Standardbauvorhaben dagegen (beispielsweise Wohnungsbau) ist es eher zulässig, dass die Offerte nur aus einer Zahl besteht.

.

Wie detailliert sollen die Kostenangaben sein?

Anhand eines Fabrikneubaus betrachten wir, auf welche Weise die Kosten angegeben werden können (siehe nachfolgende Tabelle). Der Gesamtbetrag ist hier in rund ein Dutzend Positionen aufgeteilt. Damit legt der Anbieter nicht sämtliche allfälligen Geheimnisse der Kalkulation auf den Tisch, und die Bauherrschaft erhält doch gewisse elementare Detailinformationen zu den Kosten. Die vorgeschlagene Lösung ist meines Erachtens ein gangbarer Kompromiss zwischen den Interessen von Offertsteller und Ausschreibungsveranstalter (Bauherrschaft).

.


Gesamtleistungsangebot für ein industrielles Bauprojekt (Fabrikhalle):
Beispiel für den Detaillierungsgrad der Anlagekosten

  • Rohbau (Aushub, Kanalisation, Fundamente, Bodenplatte, massive Wände, Decken etc.)
  • Stahlkonstruktion (inkl. Oberflächenbehandlung)
  • Flachdach komplett (inkl. Dachhaut, Dachoberlichter etc.)
  • Fassade
  • Fenster, Türen, Tore (einschliesslich Sonnenschutz)
  • Elektroinstallationen
  • Heizung, Lüftung
  • Sanitär (inkl. Druckluft)
  • Innenausbau (Gipser, Oberflächenbehandlungen, Verkleidungen,
  • Schreinerarbeiten, Einbauelemente, Baureinigung)
  • Umgebung, Erschliessung
  • Betriebseinrichtungen (z. B. Krane etc.)
  • Honorare für die Bauausführung (sämtliche Planungsleistungen)
  • GU-Zuschlag (= Prämie für die Übernahme von Projektrisiken)
  • Baunebenkosten (Pläne, Spesen, Bewilligungen, Versicherungen etc.)

.

Beide Seiten, Bauherrschaft und Offertsteller, sind daran interessiert, dass die Offerten seriös geprüft werden. Mit einigen Detailangaben zu den Kosten erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Prüfung Auslassungen, Rechenfehler oder falsche Interpretationen entdeckt und bereinigt werden. Im Einzelfalle können derartige Plausibilitätsuntersuchungen aber recht heikel sein, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Plausibilitätsuntersuchung 1

Nehmen wir an, die beiden Anbieter ver-folgen beim Fabrikneubau unterschiedliche Konzepte für die Tragkonstruktion: der eine wählt ausschliesslich Stahl, der andere führt nur die eigentliche Halle in Stahl aus und bevorzugt für die Annexgebäude Beton. Bei dieser Ausgangslage sind in den beiden Offerten weder die Kosten der Baumeisterarbeiten noch des Stahlbaus direkt vergleichbar. Falls die Offertprüfung trotzdem konkrete Erkenntnisse liefern soll, kommt der Prüfende nicht darum herum, selber Abgrenzungen vorzunehmen. Dazu sind mitunter erhebliche fachliche Kenntnisse nötig.

Plausibilitätsuntersuchung 2

Eine gewisse Transparenz über die Kostenstruktur erlaubt der Bauherrschaft auch, sich wenigstens ein grobes Bild davon zu machen, in welchem Ausmass die einzelnen Bauelemente kostenmässig optimiert sind. Betrachten wir als Beispiel die Fassade des Industriebauprojekts. Es ist durchaus möglich, dass für dieses wichtige Bauelement von den beiden Anbietern Preise angegeben werden, die 15 bis 20% auseinander liegen. Selbstverständlich sind auch bei der günstigeren Variante alle Spezifikationen der Bauherrschaft erfüllt. Die preisgünstigere Fassade kostet darum weniger, weil es dem Anbieter besser gelingt, die Sparpotentiale auszuschöpfen (Wahl günstiger Konstruktionen und Materialien).

Bei preislich ungefähr gleichwertigen Angeboten für das gesamte Projekt wird die Bauherrschaft mit Vorteil denjenigen Anbieter berücksichtigen, der das Projekt besser optimiert hat – und nicht den, der den grösseren Rabatt gibt. Weil seine Gewinnspanne grösser ist, darf von ihm eher eine kulante Haltung erwartet werden, wenn es Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation des Vertrages gibt. Erfahrungsgemäss treten derartige Diskussionen (über zumeist kleinere Streitsummen) nämlich bei jedem Projekt auf.

.

Welche Preisunterschiede sind zu erwarten?

Man hört oft, dass bei Gesamtleistungsausschreibungen sehr grosse Preisunterschiede unter den Angeboten zu erwarten seien. Es mag zwar tatsächlich derartige Fälle geben, sie sind aber keineswegs der Normalfall. Es ist genausogut denkbar, dass die bereinigten Angebote nur um 1 bis 2% voneinander abweichen, selbst bei komplexen Bauprojekten. Darf man angesichts derart kleiner Preisunterschiede nun schliessen, dass eine Gesamtleistungsausschreibung unnötig sei? Das wäre ein Trugschluss. Kleine Preisunterschiede können ein Zeichen von Qualität sein. Man erhält dadurch nämlich nachträglich die Bestätigung, ein solides Pflichtenheft ausgearbeitet und zwei wirklich kompetente Anbieter ausgewählt zu haben, die mit einer gewissen Folgerichtigkeit schliesslich auch einen ähnlichen Werkpreis kalkulieren.

Bei einer Gesamtleistungsausschreibung kann der Veranstalter der Ausschreibung mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Kostensparpotentiale voll ausgeschöpft werden. Bei einem Angebot ohne Konkurrenz hat er diese Garantie nie.

.

17.3 Übrige Entscheidungskriterien

Die Kriterien, die neben dem Preis bei der Beurteilung der ausgearbeiteten Projekte in Betracht fallen, sind teilweise die gleichen wie bei der Vorauswahl der Totalunternehmer. Im Unterschied zu dieser vorangehenden Phase kennt man nun aber die verbliebenen (meist zwei) Anbieter sehr viel besser. Folgende Gesichtspunkte können (mit unterschiedlichem Gewicht) eine Rolle spielen:

Qualität des Projektvorschlags

Bei diesem meist sehr wichtigen Punkt kann es um verschiedenartige Aspekte der funktionalen und formalen Qualität gehen. Einige typische Fragen sind: Durch welche gestalterischen Qualitäten zeichnet sich das Bauprojekt aus? Was ist im Hinblick auf die Ausführung noch verbesserungsfähig? Wie gut sind die betrieblichen mit den baulichen Belangen koordiniert? Ist das Projekt etappierbar? Sind allfällige spätere Erweiterungen möglich?

Betriebs- und Unterhaltskosten

Verspricht das gewählte Energiekonzept einen kostengünstigen Betrieb? Wie dauerhaft sind die vorgesehenen Materialien und Konstruktionen? Ist die Gebäudereinigung (auch der Fassade) einfach möglich?

Präzision und Transparenz des Angebots

Ist das Angebot präzis? Sind die Qualitätsangaben der Bauteile genügend genau? Sind die Pläne aussagekräftig (z. B. betreffend Gebäudetechnik, Erschliessungsleitungen, Umgebung)? Sind die Abklärungen für den Grundbau zuverlässig durchgeführt worden? Ist der Aufbau des Angebots transparent (Baukastensystem), beispielsweise im Hinblick auf Aenderungen?

Fachkompetenz des Planungsteams

Welchen Eindruck hinterlässt das Planungsteam generell? Kann es schnell und flexibel reagieren? Ist es für derartige Aufgaben eingespielt? Arbeiten beispielsweise Architekt und Spezialisten regelmässig zusammen? Oder ist es eher eine Ad-hoc-Organisation, teilweise sogar mit freien Mitarbeitern? Hat der Projektleiter das Projekt im Griff?

Referenzen

Hat der Anbieter gute und einschlägige Referenzen (ähnliche Aufgaben in vergleichbarer Grössenordnung)? Kennt er sich in der Region aus? Gibt es Indizien, die auf eine hohe Leistungsbereitschaft schliessen lassen (z. B. seit Jahren immer wieder Folgeaufträge vom gleichen Auftraggeber)?

Vertragspartner

Ist der Anbieter für das Projekt gross genug? Hat er die nötige Kapazität? Wie ist die finanzielle Bonität? Kann er Garantien eines Finanzinstitutes vorlegen (Garantie bei Bauhandwerkerpfandrechten, evtl. Erfüllungsgarantie)? Hat er Erfahrung mit dieser Art der Projektrealisierung? Ist ihm die TU/GU-Mentalität vertraut? Soll mit dem Projekt primär ein Gewinn erwirtschaftet werden, oder ist es vielmehr ein Referenzprojekt für die Erschliessung eines neuen Marktes? Wie sind die Behördenkontakte (beispielsweise im Hinblick auf heikle Bewilligungen)?

Kostenschätzung bei der Vorauswahl

Lässt sich der Angebotspreis plausibel aus der Kostenschätzung zum Zeitpunkt der Vorauswahl herleiten? – Starke Veränderungen nach unten wie nach oben, die nicht erklärt werden können, mahnen zur Vorsicht.

Offene Abrechnung

Ist der Anbieter bereit zur offenen Abrechnung (mit Kostendach)? Wird die Bauherrschaft bei günstigem Kostenverlauf an der Kostenunterschreitung beteiligt (Bonus-System)?

.

17.4 Vertragsverhandlungen

In der Regel führt bei der Gesamtleistungsausschreibung die Bauherrschaft mit den Anbietern Verhandlungen, nachdem diese ihre Offerten eingereicht haben. Diese Vertragsverhandlungen können intensiv sein. Man darf nicht erwarten, dass sie in einem Nachmittag abgeschlossen werden können. In einfachen Fällen ist dies zwar möglich, in komplexeren Fällen können sie sich aber über Wochen erstrecken. Die ganze Psychologie der Verhandlungsführung wird dabei angewendet.

In der folgenden Liste, die nicht als abschliessend zu verstehen ist, werden einige typische Punkte aufgeführt, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen Bauherrschaft und den Anbietern häufig zur Sprache kommen.

Preis

Bei preislich eng beieinander liegenden Angeboten kann eine Verhandlungstaktik darin bestehen, die Auftragserteilung von zusätzlichen Preisnachlässen abhängig zu machen (siehe auch Beispiel «Das Grundprinzip der Konkurrenz von zwei ausgereiften Projekten» am Anfang von Abschnitt 14.3B «Die Praktikermethode»). In der Praxis ist es durchaus möglich, dass der ursprüngliche Angebotspreis nochmals um beispielsweise 5% reduziert wird.

Mehrwertsteuer

Sofern nicht ausdrücklich eine abweichende Vereinbarung getroffen wird, umfassen die angegebenen (festen) Preise auch die Mehrwertsteuer (Gauch, Werkvertrag, Seite 341). Dies betrifft alle Werkverträge, also auch die (gewöhnlichen) Werkverträge mit Einzelunternehmern, die oft auf (festen) Einheitspreisen aufgebaut sind.

Bonus

Bei Totalunternehmer-Werkverträgen kann vereinbart werden, dass das Bauvorhaben offen abgerechnet wird. Dabei stellt sich die Frage, was mit einer allfälligen Unterschreitung des vereinbarten Kostendaches zu geschehen habe. Diese Einsparung wird vielfach zwischen Totalunternehmung und Bauherrschaft aufgeteilt. Meiner Ansicht nach sollte sie je 50% betragen. Dadurch ist gewährleistet, dass beide Vertragspartner an Preisunterschreitungen echt interessiert sind.

Anders ist es bei Budgetüberschreitungen. Diese gehen voll zu Lasten des Totalunternehmers, denn für derartige Fälle rechnet er eine Risikoprämie in den Werkpreis ein. Die Bauherrschaft zahlt für das gesamte Bauwerk höchstens soviel, wie als Kostendach vereinbart worden ist.

Formale Überarbeitung

Es kann mit dem Totalunternehmer vereinbart werden, dass das Projekt in gewissen Teilen nochmals überarbeitet wird. Beispielsweise ist es denkbar, dass sich der Anbieter verpflichtet, den Eingangsbereich repräsentativer zu gestalten. Diese nachträgliche Modifikation des Entwurfs soll im Werkpreis enthalten sein und nicht zu einer preislichen Nachforderung führen.

Abmachungen dieser Art setzen ein erhebliches Vertrauen in den Vertragspartner voraus. Im Streitfall dürfte es nämlich ziemlich schwer sein, einen visuellen Eindruck objektiv messen zu wollen. Derartige Vertragsbestandteile stellen somit immer eine Gratwanderung dar.

Projektänderungen

Das administrative Verfahren bei Projektänderungen ist im Detail festzulegen, insbesondere die Auswirkungen auf die Kosten. Im Kapitel 18 werden wir näher darauf eingehen (siehe Abschnitt 18.2 «Anpassungen des Werkpreises»).

Zahlungsplan, Schlussabrechnung

Die Abschlagszahlungen der Bauherrschaft an die Totalunternehmung werden in der Regel nach einem vorgängig vereinbarten Zahlungsplan geleistet. Zeitpunkt und Höhe der Zahlungen sowie weitere kaufmännische Gesichtspunkte (Zahlungsfristen etc.) sind darin geregelt.

Die Schlussabrechnung ist beim Totalunternehmerverfahren einfacher als beim normalen Architektenverfahren. Trotzdem empfiehlt es sich, den technischen Modus vorgängig anhand eines Beispiels durchzuspielen (siehe Abschnitt 18.4 «Schlussabrechnung»).

Teuerung

Die Bauherrschaft soll anstreben, dass auf eine Verrechnung der Teuerung verzichtet wird. Falls dies nicht möglich ist (lange dauernde Projekte, hohe Inflation), ist das Prozedere der Berechnung genau festzulegen, am besten anhand eines realistischen Beispiels.

Terminplan, Konventionalstrafen

Der Totalunternehmer wird in der Regel keine Verantwortung dafür übernehmen, dass die Baubewilligung auf einen bestimmten Zeitpunkt erteilt wird. Für die reine Bauausführung ab Baubewilligung jedoch können terminliche Zusicherungen erwartet werden.

Vielfach haben Terminüberschreitungen Konventionalstrafen zur Folge. Je nach Bauobjekt sind diesbezüglich verschiedene Abmachungen denkbar. Bei einem Einfamilienhaus wird der säumige Ersteller vielleicht die Kosten des Hotels übernehmen, in das die zukünftigen Bewohner temporär einziehen müssen. Häufiger jedoch sind gestaffelte Geldzahlungen. Bei einer Fabrik beispielsweise wird pro Woche Überschreitung ein Promillesatz der Bausumme als Kompensation festgelegt, wobei der Ansatz mit zunehmender Überschreitung ansteigt. Die maximale Strafe kann beispielsweise 5% des Werkpreises betragen.

Bauhandwerkerpfandrechte, Erfüllungsgarantie

Die Vertragsform des Generalunternehmer-Werkvertrages (wovon der Totalunternehmer-Werkvertrag eine Untervariante ist) birgt erhebliche Risiken hinsichtlich Bauhandwerkerpfandrechte. Vorbeugemassnahmen sind daher in hohem Masse angebracht. Einige konkrete Möglichkeiten sind im Kapitel 12 beschrieben (Abschnitt 12.3 «Der Generalunternehmer-Werkvertrag»; Absatz E. «Das Bauhandwerkerpfandrecht und die Erfüllungsgarantie»).

Streiterledigung

Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien gibt es bei jedem Bauvorhaben. Die weitaus meisten können im offenen Gespräch bereinigt werden. Was tut man aber, wenn man sich nicht einigen kann?

Meiner Ansicht nach ist die Idee prüfenswert, eine sogenannte Streiterledigungsklausel in das Vertragswerk einzubauen, um den Gang vor den Richter möglichst zu vermeiden. Dabei geht es beispielsweise darum, schon beim Abschluss des Vertrages einen neutralen Vermittler zu benennen, der zu allfälligen Streitpunkten ein Schlichtungsverfahren durchführen soll. (Näheres dazu im Aufsatz «Alternative Methoden zur Beilegung von Baurechtsstreitigkeiten» von Peter Derendinger, in: Tercier / Hürlimann [Herausgeber], In Sachen Baurecht, zum 50. Geburtstag von Peter Gauch, Freiburg 1989, Seite 179 ff.).

.

17.5 Entscheid, Vertragsabschluss

In diesem Abschnitt gehen wir darauf ein, wie der Gewinner der Gesamtleistungsausschreibung bestimmt werden kann und wie der Vertrag mit ihm abgeschlossen wird.

.

Entscheidungsgremium und Entscheidungskriterien

Bezüglich der Zusammensetzung des Entscheidungsgremiums nach der Projektausarbeitung gelten die gleichen Überlegungen wie bei der Vorauswahl (siehe Abschnitt 16.3 «Das Auswahlgremium»). Grundsätzlich soll das Team klein sein. Idealerweise setzt es sich zusammen aus ganz wenigen Personen aus der Stammorganisation der Bauherrschaft, die echte Entscheidungskompetenzen haben, sowie einem oder mehreren externen Experten. Welche Aufgaben den externen Experten übertragen werden, hängt vom Projekt ab. Bei einem Industrieprojekt etwa wird sich die Bauherrschaft eine qualitative Beurteilung der Projekte (Funktionserfüllung, formale Gestaltung etc.) selber zutrauen und dies nicht an ein Expertengremium von Architekten delegieren wollen, wie es bei einem Architektenwettbewerb üblich ist. Hingegen dürfte fachliche Unterstützung durch einen externen Projektmanager bei der Beurteilung der finanziellen und vertragstechnischen Gesichtspunkte sehr willkommen sein. Der aussenstehende Experte kümmert sich somit um den Vergleich der Offerten, die Abfassung der Vertragskonditionen und weiteres mehr.

Der Entscheid, welchem der beiden Anbieter der Totalunternehmerauftrag erteilt wird, kann erfahrungsgemäss sehr heikel sein. Er ist eindeutig schwieriger zu fällen als etwa die Vergebung von Baumeisterarbeiten beim konventionellen Architektenverfahren, wo es vor allem um finanzielle Gesichtspunkte geht. Bei baulichen Gesamtleistungen spielen neben dem Preis auch Kriterien wie die Qualität des Projekts und die Leistungsfähigkeit des Teams eine Rolle.

Was tut man nun, wenn beide Konkurrenten ähnlich gut qualifiziert sind und die Angebote preislich eng beieinanderliegen? Wenn man sich beim Entscheid vor allem von finanziellen Erwägungen leiten lässt, schafft man wenigstens eine gewisse Objektivität. Es ist fair, wenn der günstigste den Auftrag erhält.

.

Vertragsabschluss

Der Abschluss des Totalunternehmer-Werkvertrags mit dem ausgewählten Anbieter kommt zustande, indem die Bauherrschaft erklärt, dass sie seine Offerte annehme. Was in der Theorie sehr einfach tönt, kann in der Praxis durchaus komplizierter sein. Das Problem ist nämlich, dass dem Vertragsabschluss in der Regel noch mehr oder weniger intensive Verhandlungen vorausgehen und sich die Offerte in dieser Zeit laufend verändert. Möglicherweise muss der Anbieter noch Preiszugeständnisse machen, kürzere Termine garantieren, härtere Konventionalstrafen akzeptieren und weiteres mehr.

Einmal aber kommt der Punkt, wo sich beide Seiten finden: Der Anbieter hat sein Angebot so weit angepasst, dass sein Verhandlungspartner damit einverstanden ist. Wenn letzterer nun erklärt, dass er das Angebot annehmen will, ist der Vertrag zustande gekommen. Mündlich ist der Vertrag abgeschlossen.

Aus juristischen Gründen genügt ein mündlicher Vertrag. Bei Verträgen dieser Tragweite ist es jedoch in hohem Masse empfehlenswert, sich an die Schriftform zu halten. Nun ist es allerdings im Bauwesen so, dass nach der (mündlichen) Annahmeerklärung praktisch nie gleich die bereitliegende Vertragsurkunde unterzeichnet werden kann. Die aktualisierten Vertragsdokumente, die der letzten Offerte entsprechen, müssen nämlich zuerst ausgearbeitet werden. Man behilft sich daher damit, dass die Vertragsparteien in einem kurzen Schriftstück die wichtigsten Punkte des abgeschlossenen Vertrages festhalten (siehe Beispiel). In diesem Papier erklärt die Bauherrschaft (der Besteller), dass sie die Offerte des Anbieters xy annimmt und mit ihm das Bauprojekt realisieren will. Dann folgt eine Liste von Punkten, die im Laufe der Vertragsverhandlungen vereinbart worden sind. Mit diesem Schreiben ist das Wesentliche getan. Es ist jetzt zweitrangig, wann die eigentliche Vertragsurkunde ausgefertigt wird. Wichtig ist lediglich, dass ihr Inhalt vom abgeschlossenen Vertrag nicht abweicht.

Fragen wir uns zum Schluss, ob die Bauherrschaft für einen Totalunternehmer-Werkvertrag professionellen juristischen Beistand braucht. Diese Frage muss von Fall zu Fall entschieden werden. Persönlich bin ich der Meinung, dass sie in günstigen Fällen darauf verzichten kann. Ein Alleingang ist vertretbar, wenn auf Bauherrenseite ein gewisses Mass an juristischem Wissen vorhanden ist. Bei einem Industrieunternehmen, das regelmässig auf internationalen Märkten einkauft, dürfte dies beispielsweise gegeben sein. Auch ein versierter Bauherrenberater kann bei nicht allzu schwierigen Fällen das nötige Fachwissen einbringen.

.


Beispiel einer Annahmeerklärung für einen Totalunternehmer-Werkvertrag
(von juristischen Laien ausgefertigt)

k17-5-2


Zurück | Weiter

Inhaltsverzeichnis