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Kommentar zur digitalen Neuausgabe 2019 von «Günstiger bauen»
(20 Jahre nach der erstmaligen Publikation)

Die einschlägigen Realisierungsmodelle der Bauwirtschaft werden kurz vorgestellt und miteinander verglichen. Dazu gehören das traditionelle Architektenverfahren, die Bauausführung durch eine Generalunternehmung, der Direktauftrag an eine Totalunternehmung und die Gesamtleistungsausschreibung.

Im Zeitraum der letzten 20 Jahre ist ein Realisierungsmodell neu hinzugekommen, nämlich der Kostengarantievertrag SIA. Es handelt sich dabei um ein Architektenmodell, das aber gewisse Eigenschaften des Generalunternehmermodells aufweist. In der Praxis dürfte die Kostengarantie am wichtigsten sein. 

Als Überblick zu den Realisierungsmodellen ist die Darstellung gemäss Kapitel 4 nach wie vor brauchbar.

Literaturhinweis
Die verschiedenen Realisierungsmodelle einschliesslich des Kostengarantievertrags SIA sind in folgendem neueren Buch von mir beschrieben:

Mit wem baue ich? – Bauausführung aus Bauherrensicht (2013)

Nähere Informationen zum Buch befinden sich auf roethlisbergers-baublog.com, und zwar ab dieser Seite hier >>>

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Inhalt Kapitel 4: 

4.1 Das Spektrum der Möglichkeiten
4.2A Traditionelles Architektenverfahren
4.2B Bauausführung durch eine Generalunternehmung
4.2C Direktauftrag an eine Totalunternehmung
4.2D Gesamtleistungsausschreibung

Dieses Kapitel richtet sich in erster Linie an Bauherrschaften, die noch unschlüssig sind, wie sie ein Bauprojekt überhaupt anpacken wollen. Zuerst verschaffen wir uns einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten. Sie lassen sich auf zwei Grundvarianten zurückführen. Anschliessend gehen wir auf die typischen Varianten etwas näher ein und legen dar, durch welche Eigenschaften sie sich auszeichnen. Es gibt kein absolut bestes Modell. Jedes hat seine guten Seiten, und je nach den Umständen kann jedes für den individuellen Fall am vorteilhaftesten sein.

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4.1 Das Spektrum der Möglichkeiten

In diesem einleitenden Abschnitt stellen wir die hauptsächlichen Möglichkeiten, wie Bauprojekte abgewickelt werden können, in den Grundzügen dar. Die Realisierungsmodelle unterscheiden sich in erster Linie dadurch, ob die Planung völlig unabhängig ist von der Ausführung (traditionelles Architektenverfahren) oder mit ihr gekoppelt (bauliche Gesamtleistungen).

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Das traditionelle Verfahren (Architektenverfahren)

Wie traditionell gebaut wird, weiss jeder ungefähr. Man wählt einen Architekten aus und erteilt ihm einen Planungsauftrag. Ein Auftrag ist ein Vertrauensverhältnis, das verpflichtet. Der Auftraggeber darf erwarten, dass der Beauftragte ausschliesslich in seinem Interesse handelt. Das Bauen mit unabhängigen Planern, die als Treuhänder den Bauherrn vertreten, kennt eine lange Tradition. Der weitaus grösste Teil aller Bauvorhaben des Hochbaus in der Schweiz wird so geplant. Auch die meisten der ganz grossen Tiefbauvorhaben (Bahn 2000, NEAT, Autobahnen) beruhen auf unabhängiger Planung. Allerdings sind hier (unabhängige) Bauingenieure und nicht Architekten die massgeblichen Treuhänder des Bauherrn.

Das charakteristische Merkmal des traditionellen Verfahrens ist die strikte Trennung der Planung von der Ausführung. Als Treuhänder des Bauherrn sorgen die Planer dafür, dass beim Einkaufen der Leistungen für die Bauausführung der Markt möglichst gut spielt. Die Planer sind denn auch schon als «Marktveranstalter» bezeichnet worden. Durch ihre nicht interessengebundene Spezifizierung und Ausschreibung von Bauleistungen bringen sie den Markt in Schwung. Sie glauben, dass nur mit neutral erstellten Plänen und Ausschreibungsunterlagen im stark aufgesplitterten Baumarkt mit seinen unzähligen Anbietern ein richtiger Wettbewerb und somit günstige Preise möglich seien.

Weil die Planer selber nicht ausführen, können keine Interessenkonflikte zwischen Planung und Ausführung entstehen. Die unabhängigen Planer (Architekten und Ingenieure) haben zu keinem Zeitpunkt zwei Hüte an. Sie sind der Meinung, dass ihre Methode die effizienteste Art des Bauens sei.

Einzelunternehmer oder Generalunternehmer?

Beim traditionellen Verfahren mit unabhängiger Planung gibt es zwei Möglichkeiten für die Beschaffung der Bauleistungen: Ausführungsleistungen können einzeln eingekauft werden (meist nach Arbeitsgattungen), aber auch als Gesamtpaket in nur einem Werkvertrag.

Die Ausschreibung von Arbeitsgattungen ist die absolut häufigste Einkaufsmethode im Bauwesen. Die gesamte Bauwirtschaft ist nach Arbeitsgattungen organisiert. Etwas vereinfacht gesagt ist jeder Handwerker (Baumeister, Zimmermann, Maler, Elektriker etc.) für eine Arbeitsgattung zuständig. Das Gegenstück dazu ist die Ausschreibung von ganzen Bauwerken. Teilnehmer an dieser Form der Preiskonkurrenz sind Generalunternehmer.

Zwischen den genannten «reinen» Methoden gibt es Zwischenformen. Man kann auch Bauleistungen einkaufen, die grösser sind als eine Arbeitsgattung, aber kleiner als ein komplettes Gebäude. Ein Beispiel ist ein Stahlbauer, der für eine Stahlhalle nicht nur die Tragkonstruktion liefert, sondern auch das Dach und die Fassade. Indem er die Gebäudehülle von Subunternehmern einkauft, wird er zu einem Teil-Generalunternehmer. – Zwischenformen sind zurzeit noch relativ selten, dürften aber in Zukunft häufiger werden. Es zeichnet sich nämlich ein Trend ab, den Arbeitsumfang pro Unternehmer zu vergrössern und ihm dadurch mehr unternehmerischen Spielraum zu verschaffen. Meines Erachtens ist es eine sinnvolle Entwicklung.

Beim Generalunternehmerverfahren müssen die unabhängigen Planer einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit an den Generalunternehmer abgeben, nämlich die ganze Bauleitung und das Kostenwesen während der Bauausführung, vielleicht auch die Ausführungsplanung. Generalunternehmer und unabhängige Planer sind somit direkte Konkurrenten für einen Teil des Auftragspotentials. Die freien Planer schätzen daher die Generalunternehmer nicht besonders, die seit Jahren tendenziell Marktanteile gewinnen. – Etwas anders sieht die Situation aus bei den relativ wenigen Architekten, die sich ausschliesslich auf die Planung konzentrieren und keine Bauausführung betreiben. Diese sind darauf angewiesen, mit Generalunternehmern zusammenzuarbeiten.

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Das moderne Verfahren: bauliche Gesamtleistungen

In den letzten Jahren hat im Bauwesen eine Umwälzung, vielleicht sogar eine Revolution stattgefunden: das Totalunternehmermodell ist aufgetaucht. Der Ausdruck tönt harmlos und scheint dem altvertrauten Generalunternehmermodell verwandt zu sein. Rein juristisch stimmt das auch: ein Totalunternehmer ist ein projektierender Generalunternehmer.

In der wirtschaftlichen Realität allerdings ist ein Totalunternehmer etwas radikal anderes als ein Generalunternehmer. Das Totalunternehmermodell führt im Bauen ein neues Prinzip ein: Nur wer selber ausführt, ist in der Lage, richtig zu planen und damit im Sinne des Investors das Gesamtoptimum zu erreichen. Damit wird das alte Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung auf den Kopf gestellt. Das entscheidende Kriterium des Totalunternehmermodells ist die Tatsache, dass die Bauherrschaft ein komplettes Bauwerk einschliesslich der Planung von einem einzigen Anbieter einkauft. Es ist zweitrangig, ob der Totalunternehmer selber baugewerblich tätig ist. Viele sind es nicht und haben selber weder Schaufel noch Bagger.

Die Totalunternehmer behaupten, dass ihr Modell besser sei als das traditionelle. Erst mit der Kopplung von Planung und Ausführung sei eine ungeteilte Verantwortung und somit eine durchgehende straffe Projektleitung möglich. Dies habe eine gesamtheitliche Planung zur Folge. Der notwendige Dialog, einerseits unter den Planern, andererseits zwischen Planern und Ausführenden, sei nur so gewährleistet. Die Totalunternehmer trachten daher danach, möglichst früh im Planungsprozess mit dem Auftrag betraut zu werden. Als wesentliche Schwachstelle des traditionellen Verfahrens orten sie die Rolle der Architekten. Kreativ seien sie zwar, aber mit den Zahlen und der Organisation hätten viele Mühe. Als Resultat des Totalunternehmermodells resultierten daher zwangsläufig günstigere Kosten.

Die Totalunternehmer sind alles andere als eine einheitliche Gruppe. Wir fassen das Spektrum breit und zählen alle Firmen dazu, die Planung und Ausführung von Bauleistungen im Werkvertrag aus einer Hand anbieten. Eine erste Gruppe sind die sogenannten integralen Baufirmen, die sich aus dem Bauhauptgewerbe heraus entwickelt haben. Eine weitere sind die traditionellen Generalunternehmer, die auch als Totalunternehmer auftreten. Eine letzte schliesslich sind ursprünglich reine Planungsfirmen, die als sogenannte Generalübernehmer zusätzlich die Bauausführung als Werkvertragsleistung übernehmen.

Direktauftrag oder Ausschreibung?

Die Bauherrschaft kann den Auftrag für eine bauliche Gesamtleistung (Totalunternehmerauftrag) direkt erteilen oder vorgängig eine Konkurrenzausschreibung durchführen. Am erstrebenswertesten für die Anbieter von baulichen Gesamtleistungen ist natürlich ein Direktauftrag. Aber nur ein Teil aller Bauherrschaften will oder kann Bauleistungen im Direktauftrag beschaffen. Meistens ist Konkurrenz erwünscht oder sogar vorgeschrieben, etwa bei der öffentlichen Hand. Mit der Totalunternehmerausschreibung ist es möglich, von mehreren Anbietern Angebote für bauliche Gesamtleistungen einzuholen.

Die Totalunternehmerausschreibung ist die Kombination von einem Planungswettbewerb mit einer Generalunternehmerausschreibung. Von den Wettbewerbsteilnehmern sind nicht nur gestalterische Projekte vorzulegen, sondern gleichzeitig verbindliche Preisangaben. Es findet also nicht nur ein Wettbewerb der Ideen statt (wie beim gewöhnlichen Architektenwettbewerb), sondern gleichzeitig eine Preiskonkurrenz.

Nach diesem ersten groben Überblick befassen wir uns nun etwas näher mit den verschiedenen Möglichkeiten.

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4.2A Traditionelles Architektenverfahren

Das traditionelle Architektenverfahren ist im Bauwesen mit grossem Abstand am meisten verbreitet. Ein Architekt leitet als sogenannter Gesamtleiter sowohl die Planung wie die Bauausführung während der gesamten Projektdauer und ist somit der zentrale Ansprechpartner, Berater und Treuhänder für die Bauherrschaft. Im folgenden gehe ich auf einige Eigenschaften dieses Modells näher ein.

Kosten

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass beim traditionellen Verfahren günstig gebaut werden kann. Der Einkauf der Bauleistungen ist sehr effizient, weil bei der Arbeitsvergebung an Einzelunternehmer der Markt direkt und ungefiltert spielt. Zudem muss niemand der Bauherrschaft Risiken abnehmen und dafür eine Risikoprämie in die Kalkulation einbauen.

Die Erfahrung zeigt aber, dass die Bandbreite der Kosten beim traditionellen Bauen aussergewöhnlich gross ist. Verantwortlich dafür sind die unterschiedlich kostenbewussten Planer. Mit der Auswahl der Planer hat es die Bauherrschaft somit weitgehend in der Hand, günstig oder teuer zu bauen. Es gibt Planer, die sind schon fast besessen von ökonomischen Lösungen. Wenn sie alle Sparpotentiale wahrnehmen, resultieren beim traditionellen Vorgehen vermutlich die tiefstmöglichen Baukosten überhaupt.

Allerdings können die Kosten bei weniger kompetenten Planern auch sehr hoch sein. Einige Planer haben vielleicht guten Willen, aber nicht das nötige Fachwissen für kostengünstige Lösungen. Andere wiederum sind schlicht nicht daran interessiert und stellen ästhetische Gesichtspunkte über alles. Vielfach hapert es an der Projektleitung und insbesondere an einem umfassenden Dialog am Anfang eines Bauprojektes. Unter diesen ungünstigen Voraussetzungen sind den Kosten nach oben kaum Grenzen gesetzt. Das ist eine durchaus ernstzunehmende Gefahr, die beim traditionellen Vorgehen lauert.

Risiken

Das Risiko für den Bauherrn ist hier am grössten von allen Vorgehensarten. Das höhere Risiko ist der Preis der (potentiell) tiefen Kosten. Für alles, was schiefläuft, hat primär die Bauherrschaft geradezustehen. Die Risiken beinhalten Planungsfehler und alle möglichen Probleme während der Ausführung (Kostenüberschreitungen, Terminverzögerungen, Qualitätsmängel etc.). Von allem gibt es in der Praxis mehr als genug Anschauungsmaterial. Sogar bei grossen öffentlichen Bauvorhaben kann es beispielsweise passieren, dass der Architekt beim Kostenvoranschlag den Aushub vergisst. Die Bauherrschaft trägt das Risiko – und bezahlt.

Bei sorgfältiger Wahl der Planer sind die Risiken aber bescheiden. Erfahrene und gewissenhafte Planer sind durchaus in der Lage, den Kostenvoranschlag mit hoher Wahrscheinlichkeit einzuhalten oder Baumängel zu vermeiden.

Aufwand Bauherrschaft

Darunter verstehen wir die zeitliche und intellektuelle Beanspruchung der Bauherrschaft für die Projektbetreuung. Beim traditionellen Verfahren ist die Beanspruchung gross. Der Aufwand steigt nämlich tendenziell mit der Anzahl der vertraglichen Bindungen an. Wie mehr Schnittstellen bewältigt werden müssen, um so mehr Zeit braucht es. Die Bauherrschaft kann aber in einer grossen Bandbreite selber bestimmen, wieviel Einfluss sie nehmen will. Sie kann beispielsweise alle Werkverträge mit den Unternehmern selber verhandeln, was Zeit braucht. Sie kann das aber auch dem Architekten überlassen und nur den Vergebungsentscheid fällen.

Mit einem externen Projektmanager lässt sich die Arbeitsbelastung der Bauherrschaft deutlich reduzieren. Er kümmert sich als Vertrauensperson um die routinemässigen Fragen. Die massgebenden Entscheide bleiben aber immer der Bauherrschaft vorbehalten. Man kann sich fragen, ob mit einem kompetenten Projektmanager hinsichtlich der Belastung der Bauherrschaft noch ein wesentlicher Unterschied besteht zur Totalunternehmung, die für sich in Anspruch nimmt, dem Kunden «alles» abzunehmen. Beim «eigenen» Projektmanager ist die Bauherrschaft immerhin sicher, dass er ausschliesslich ihre Interessen wahrnimmt.

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Gesamtbeurteilung des traditionellen Architektenverfahrens

Das traditionelle Architektenverfahren ist nicht nur das weitaus am häufigsten angewendete, sondern zugleich das anspruchsvollste für die Bauherrschaft. Bauen auf die konventionelle Art erscheint vielen als Abenteuer, das man nur mit Glück einigermassen unbeschadet übersteht. Das gilt nicht nur für Einmalbauherren von Einfamilienhäusern, sondern manchmal sogar für Leute aus der Branche. Ein ehemaliger Auftraggeber, den ich bei einem grösseren industriellen Bauprojekt beraten habe, ist mir diesbezüglich lebhaft in Erinnerung geblieben. Gleich zu Beginn der Zusammenarbeit hat er klargemacht, dass er einen «Horror» vor allen Architekten habe. Er müsse mir das sagen, damit ich mich gleich von Anfang an richtig einstellen könne. – Dabei ist er alles andere als ein Laie gewesen: er selber hat an der ETH erfolgreich ein Bauingenieurstudium abgeschlossen gehabt …

Kein Bauherr kann das traditionelle Architektenverfahren aber vorschnell ausschliessen, der an günstigen Kosten interessiert ist. Diesbezüglich sind die Chancen hier vermutlich am grössten von allen Möglichkeiten, aber auch die Risiken. Wir gehen daher sehr intensiv auf die vielen Fragen ein, mit denen Bauherren konfrontiert sein können.

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Ausblick auf den Teil II des Buches

Mit dem traditionellen Architektenverfahren befassen wir uns ausführlich im umfangreichen Teil II des Buches. Nicht alle Aufgaben der Bauherrschaft sind gleich wichtig. Einige kann sie problemlos delegieren (vor allem an die Planer), um andere muss sie sich zwangsläufig selber kümmern.

Nicht delegierbare Kernaufgaben

Es gibt einige wenige Kernaufgaben, welche die Bauherrschaft nicht (oder nur teilweise) delegieren kann. Diese Tätigkeiten fallen am Anfang eines Projektes an. Dazu gehören etwa folgende:

Projekt definieren 
Nur die Bauherrschaft kann wissen, was sie will. Die Planer können nur ausführen, was im Pflichtenheft steht. Der Auftraggeber muss das Pflichtenheft (idealerweise) selber erstellen oder mindestens bei der Redaktion massgeblich mitwirken (Kapitel 6).

• Planer auswählen
Das Gesamtoptimum für eine einmal definierte Bauaufgabe steht und fällt mit der Auswahl der Planer. Wer sich nicht mit der erstbesten Möglichkeit zufriedengibt, benötigt Engagement – und einige Fachkenntnisse. Dies gilt besonders dann, wenn architektonisch hochstehend gebaut werden soll, aber trotzdem kostenbewusst (Kapitel 7).

Planerverträge aushandeln
Die Planerverträge machen schon etwa 10% des gesamten Baubudgets aus. Die kostenbewusste Bauherrschaft will sie so vorteilhaft wie möglich abschliessen (Kapitel 8).

Weitere Sparbeiträge der Bauherrschaft

Wer diese drei Aufgaben erledigt hat, kann sich theoretisch vom Baugeschehen weitgehend abmelden. Wenn die Bauherrschaft die richtigen Planer ausgewählt hat, läuft nun alles wie von selbst. Leider zeigt die Erfahrung, dass man sich nur auf vielleicht die Hälfte der Planer völlig verlassen darf. Der anderen Hälfte muss die kostenbewusste Bauherrschaft immer ein wenig über die Schultern schauen. Von diesen aufsichtsbedürftigen Planern sind einige gar nicht an günstigen Kosten interessiert. Andere möchten zwar sparsam bauen, haben aber nicht das Rüstzeug dazu. Die Bauherrschaft kümmert sich also im eigenen Interesse so gut wie möglich um das Bauprojekt und greift dort ein, wo es sinnvoll und möglich ist. Dazu braucht es aber ein wenig mehr als nur ganz elementare Kenntnisse. Für diese nicht allzu kleine Gruppe wollen wir daher den Ablauf eines Bauprojektes aus der Warte der Bauherrschaft näher anschauen.

Für die Gliederung des Projektablaufs halten wir uns an die Struktur der Tätigkeiten der Architekten, wie sie in der SIA-Honorarordnung 102 dargestellt ist. Wir unterteilen den Ablauf in zwei Hauptphasen, die Planung (Kapitel 9) und die Realisierung (Kapitel 11). Als Abschluss der Planung und somit als entscheidende Zäsur betrachten wir die Baueingabe. Mit der Baueingabe sind Nutzung, Form und Konstruktion in engen Grenzen festgelegt und die Kosten auf wenige Prozente angenähert. Das Projekt ist entscheidungsreif.

In einem separaten Kapitel gehen wir näher darauf ein, wie die Kosten in der Planungsphase ermittelt werden können (Kapitel 10). Abgeschlossen werden die Betrachtungen zum traditionellen Architektenverfahren mit einem Kapitel über die Projektführung durch die Bauherrschaft (Kapitel 13).

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4.2B Bauausführung durch eine Generalunternehmung

Die Bauausführung durch eine Generalunternehmung ist, und das mag viele überraschen, nicht grundsätzlich verschieden vom traditionellen Architektenverfahren, sondern lediglich eine Untervariante davon. Die Planung wird in der Regel genau gleich durch unabhängige Planer erbracht. Der Unterschied liegt lediglich in der Bauausführung. Die Bauherrschaft bestellt beim GU-Verfahren das komplette Bauwerk bei einem Generalunternehmer und nicht einzelne Arbeitsgattungen bei einer Vielzahl von Einzelunternehmern. Sie schliesst dafür nur einen Vertrag ab: den Generalunternehmer-Werkvertrag. Weil sich der Einflussbereich des Generalunternehmers auf die Ausführung beschränkt (und nicht auf die Planung), ist sein Spielraum zur Beeinflussung der Kosten recht gering.

Die Generalunternehmer, die im VSGU (Verband der schweizerischen Generalunternehmer) zusammengeschlossen sind, führen in der Schweiz jährlich Bauleistungen von etwa 4 Mrd. Fr. aus. In dieser groben Zahl sind auch die Leistungen enthalten, die sie als Totalunternehmer erbringen. Gemessen am gesamten Bauvolumen des Hochbaus von rund 40 Mrd. Fr. ergibt dies einen Marktanteil von ungefähr 10%.

Eigenschaften

Es ist ein charakteristisches Merkmal des Generalunternehmers, dass er Garantien abgibt, die unabhängige (beauftragte) Planer nicht abgeben können. Der Generalunternehmer nimmt der Bauherrschaft Risiken ab. Diese Garantien (z. B. Einhaltung eines Kostendaches) müssen aber finanziert werden. Bei gleichwertiger fachlicher Kompetenz (Planung, Bauleitung, Organisation etc.) dürften daher die Gesamtkosten beim Generalunternehmer etwa gleich hoch oder sogar um einen Risikozuschlag von einigen Prozenten höher sein als beim traditionellen Vorgehen.

Anders ist es jedoch, wenn der Architekt eher den gestalterisch-künstlerischen Aspekten zugetan ist und auf dem Gebiet der Bauausführung keinen speziellen Ehrgeiz entwickelt. In diesen Fällen dürfte es sich kostenmässig lohnen, für die Bauausführung einen Generalunternehmer beizuziehen. Vermutlich dürfte dies bei mindestens der Hälfte aller Bauvorhaben angezeigt sein.

Für die Bauherrschaft nehmen beim Generalunternehmermodell nicht nur die Risiken ab, sondern auch die zeitliche Beanspruchung für die Projektbetreuung. Weil sie für die ganze Ausführung nur einen Vertragspartner hat, reduziert sich dadurch der Aufwand für Vertragsverhandlungen, Zahlungswesen und viele weitere Dinge.

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Detailliertere Besprechung im Teil II des Buches

Da die Bauausführung mit einer Generalunternehmung eine Untervariante des traditionellen Architektenverfahrens ist, behandeln wir sie auch in diesem Zusammenhang. Wir widmen ihr das Kapitel 12 im Teil II.

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4.2C Direktauftrag an eine Totalunternehmung

Beim Totalunternehmer-Direktauftrag erbringt ein einziger Vertragspartner, der Totalunternehmer (TU), von der Planung bis zur Ausführung die gesamte Leistung. Praktisch jeder Generalunternehmer strebt heute an, einen derartigen Direktauftrag zu erhalten. Aus der Sicht des Anbieters ist dieses Vorgehen zweifellos interessant, denn es schützt wie kein anderes vor Konkurrenz. Aber es hat auch für die Bauherrschaft Vorteile.

Relativ häufig sind Totalunternehmer-Direktaufträge für standardisierte, meist kleinere Bauwerke. Das typisierte Einfamilienhaus beispielsweise ist in der Regel ein lupenreines Totalunternehmergeschäft, obwohl man diesen Begriff dafür oft gar nicht verwendet. Sehr viel seltener ist der Vertragstyp allerdings für grössere und komplexere Bauaufgaben. Ein Teil der Bauprojekte, die in der Öffentlichkeit als TU-Direktaufträge bezeichnet werden, sind in Tat und Wahrheit auch gar keine solchen, sondern nur Gegengeschäfte, die an einen Landhandel gekoppelt sind. Das Motto lautet hier: «Gibst du mir das Land, geb‘ ich dir den TU-Direktauftrag». Es sind somit TU-Direktaufträge wider Willen.

Bei nicht professionellen Bauherrschaften wird das Prinzip des TU-Direktauftrages für grössere Bauvorhaben so selten angewendet, dass sich eine ausführliche Besprechung nicht lohnt. Wir gehen daher nur in dieser Übersicht etwas genauer darauf ein und befassen uns später im Buch nicht weiter damit.

Vertragsfragen

Für den Totalunternehmer-Direktauftrag gibt es einen Mustervertrag des VSGU (Verband der schweizerischen Generalunternehmer), den sogenannten Totalunternehmer-Vertrag (Ausgabe 1993). Dieser beinhaltet in einer einzigen Vertragsurkunde Planung und Ausführung. Da das Projekt beim Vertragsabschluss noch nicht vorliegt, kann dafür selbstverständlich auch kein Preis angegeben werden. Zentrale Vertragsbestandteile wie Projektbeschrieb und Preis werden erst im Laufe der Planung ausgearbeitet. Der Totalunternehmer-Vertrag ist daher ein betont summarischer Vertrag. Während der Planungsphase hat er den Charakter eines Planungsvertrages, der anschliessend für die Bauausführung übergeht in einen Generalunternehmer-Werkvertrag. Als übliche Variante für die Preisbestimmung ist im Mustervertrag die offene Abrechnung vorgesehen (ohne Kostendach). Es können allerdings auch Varianten vereinbart werden, die für die Bauherrschaft weniger Risiken beinhalten (Pauschalpreis, offene Abrechnung mit Kostendach etc.).

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es der Bauherrschaft freisteht, für den gleichen Leistungsumfang zwei separate Verträge abzuschliessen. Für die Planung kann es beispielsweise ein Generalplanervertrag sein und anschliessend für die Ausführung ein Generalunternehmer-Werkvertrag. Bei Planungsfirmen, die selber auch als Generalunternehmer auftreten, ist dieser Weg der Normalfall. Für die Bauherrschaft hat dieses Vorgehen den Vorteil, dass zwei separate Verträge weniger bindend sind als ein einziger, umfassender Vertrag.

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Vorteile des Totalunternehmermodells (gemäss Lehrbuch)

Der Direktauftrag an eine Totalunternehmung erscheint für die Bauherrschaft in einem attraktiven Licht. Die Vorteile dieses Verfahrens sind (mindestens in der Theorie) offensichtlich.

Geringe Kosten

Die Kosten sind gering, so wird gesagt, weil die Totalunternehmung durch die umfassende Beauftragung alle Register der Projektoptimierung spielen kann. Die Kopplung zwischen Planung und Ausführung ist gewährleistet. Die besten Planer können verpflichtet werden. Einer starken Gesamtleitung steht nichts im Wege.

Geringe Risiken

Die Risiken sind, so die Argumentation, beim TU-Modell für den Bauherrn noch geringer als beim Generalunternehmermodell. Der Unternehmer hat auch für die Schnittstellen zwischen Planung und Ausführung einzustehen. Er liefert quasi eine Systemgarantie.

Geringe Belastung der Bauherrschaft

Der Aufwand des Bauherrn ist beim normalen Totalunternehmermodell im Direktauftrag tendenziell am geringsten von allen Modellen. Es gibt während der ganzen Projektdauer nur wenige Eingriffe und Entscheide. Die Bauherrschaft kann sich darauf beschränken, das Projekt zu begleiten, statt es aktiv zu leiten. Um den grössten Teil aller Schnittstellenprobleme muss sie sich nicht kümmern.

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Beispiel 1: Ein gelungener Totalunternehmer-Direktauftrag

Ein interessantes, wenn auch nicht unbedingt alltägliches Beispiel eines Totalunternehmer-Direktauftrages betrifft den Neubau der japanischen Botschaft in Bern in den Jahren 1993 bis 1996. Die Generalunternehmung der Firma Frutiger AG wird von der Bauherrschaft für den Auftrag beigezogen, weil sie eine hohe Gewähr dafür bietet, dass das schwierige Projekt erfolgreich realisiert werden kann.

Das Projekt beinhaltet eine ganze Reihe von Herausforderungen. Zunächst gilt es, ein Stück Land zu finden, das der Botschaft einer mächtigen Industrienation würdig ist. Dann muss ein Vertrag mit internationalen Dimensionen konzipiert werden, der weit über das hinausgeht, was in schweizerischen Vertragswerken üblich ist. Eine weitere Hürde besteht darin, eine unorthodoxe Lösung zu entwickeln für die Zwischenfinanzierung des Bauprojektes durch den Totalunternehmer, bis das fertige Bauwerk durch die Bauherrschaft übernommen wird. Zu guter Letzt kommen noch herausfordernde Limiten für die Baukosten hinzu.

Das Resultat ist ausgesprochen erfreulich. Trotz der knappen Kosten entsteht Qualität. Die architektonische Gestaltung durch das vom Totalunternehmer beigezogene Architekturbüro GWJ Architekten AG aus Bern genügt sehr hohen Anforderungen. Gesamthaft gesehen, hat der Totalunternehmer seine Projektoptimierungsfunktion voll-umfänglich wahrgenommen und eine überzeugende Gesamtleistung erbracht.

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Neubau der japanischen Botschaft in Bern: Beispiel eines gelungenen Totalunternehmer-Direktauftrags

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Beispiel 2: Ein Projekt, das mit «Zähneknirschen» verbunden ist

Die Realität zeigt, dass der Totalunternehmer-Direktauftrag nicht zwangsläufig zu einem Projektablauf führen muss, der (wie es im Lehrbuch steht) für die Bauherrschaft risikolos, bequem und unbeschwert abläuft. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Neubau des Dienstleistungsgebäudes der Kantonalbank von Bern in Bern-Liebefeld. Obwohl Generalunternehmer im Kanton Bern (im Unterschied etwa zum Kanton Zürich) weder einen grossen Marktanteil noch eine lange Tradition aufweisen (schon gar nicht für öffentliche Bauvorhaben), kommt unerwartet ein Generalunternehmer an diesen grossen Auftrag heran. Er kann ihn dadurch sichern, dass er die Bauparzelle zur Verfügung stellt. Er setzt durch, dass ihm der komplette Auftrag für Planung und Ausführung erteilt wird.

Bei Baubeginn 1989 rechnet man mit Investitionen von 160 Mio. Während der Bauarbeiten steigen die Kosten jedoch dramatisch an. Zwei Jahre später, im Jahre 1991, müssen sie «zähneknirschend» um nicht weniger als 90 Mio. nach oben korrigiert werden, wie die Zeitung «Der Bund» (Bern, Ausgabe vom 27. Dezember 1995) berichtet. Als das Gebäude im Jahre 1995 schliesslich fertig wird, scheint auch die unterdessen ausgewechselte Geschäftsleitung der Bank vom Ergebnis nicht sonderlich begeistert zu sein. Sie verzichtet nämlich kurzerhand auf eine feierliche Eröffnung dieses Mammutgebäudes, das zu den grössten seiner Art hierzulande zählen dürfte. Wer die salbungsvollen Einweihungen im Kanton Bern kennt, mit Prominenz aus Politik und Wirtschaft, mit Züpfe, Hamme und edlen Weinen, kann sich über diesen Verzicht nur wundern.

Die oben angeführten Vorteile des Totalunternehmermodells für die Bauherrschaft sind also etwas zu relativieren. Risikolos scheint das Verfahren primär für die Totalunternehmung zu sein, nicht aber zwangsläufig auch für den Besteller des Bauwerkes. Es ist auch nicht so, dass die zeitliche und intellektuelle Belastung für die Bauherrschaft minimal sein muss. Im Beispiel der Berner Kantonalbank hat die Geschäftsleitung während des laufenden Projektes zusätzlich ein sogenanntes «beratendes Projektmanagement» einsetzen müssen, weil sie ohne externe fachliche Hilfe das Projekt offenbar nicht mehr im Griff gehabt hat. Dies ist erstaunlich, da eine grosse Bank normalerweise nicht gerade unerfahren in Baufragen ist.

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Ausblick

Auch wenn der Marktanteil der echten Totalunternehmer-Direktaufträge (ohne Gegengeschäfte) heute noch klein ist, glaube ich an eine weitere Verbreitung dieses Modells. Ein Anbieter sollte aber einige Voraussetzungen erfüllen, damit man ihn ohne Vorbehalte in Betracht ziehen kann. Zunächst soll sich der Totalunternehmer zweifelsfrei darüber ausweisen können, dass er in der Lage ist, Projekte umfassend zu optimieren. Dazu gehören neben den unerlässlichen Fachkenntnissen und Erfahrungen eine hohe Kultur der Kommunikation innerhalb der Firma sowie effiziente Instrumente zur Kostenermittlung. Ferner ist meiner Ansicht nach erforderlich, dass der Totalunternehmer gegenüber dem Kunden in hohem Masse offen ist. Der «gläserne» Totalunternehmer darf keine Geheimnisse vor dem Kunden haben, insbesondere nicht solche über die Kosten.

Es ist allerdings zu vermuten, dass diese Transparenz vor allem sachkundigen Bauherrschaften etwas nützt, nicht aber Gelegenheitsbauherren. Nur professionelle Investoren können die Kostenangaben des Totalunternehmers beurteilen. Darum dürfte das Totalunternehmermodell vor allem für sie in Frage kommen. Sie haben aufgrund ihrer Marktkenntnisse auch die Fähigkeit, den richtigen Totalunternehmer für eine gegebene Aufgabe auszuwählen.

Für nicht sachkundige Bauherrschaften dagegen ist, falls sie sich überhaupt auf das Totalunternehmermodell einlassen, eher der nachfolgend beschriebene Totalunternehmerwettbewerb (Gesamtleistungsausschreibung) das geeignete Verfahren. Hier haben sie die Gewissheit, dass die Lösungen optimiert und die Kosten marktkonform sind, weil die Kräfte des Marktes dafür sorgen.

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4.2D Gesamtleistungsausschreibung

Dieses im Bauwesen noch wenig geläufige Modell ist für viele Bauherrschaften verlockend. Das Grundprinzip entspricht etwa dem üblichen Vorgang, wie ein Industrieunternehmen eine Produktionsmaschine einkauft. Es holt aufgrund eines Pflichtenheftes bei mehreren Lieferanten Offerten ein und vergibt den Auftrag an den günstigsten Anbieter.

Im folgenden gehen wir auf die wichtigsten Eigenschaften der Gesamtleistungsausschreibung näher ein.

Kosten

Generell darf man erwarten, dass die Kosten sehr attraktiv sind. Verantwortlich dafür ist primär die Konkurrenzsituation unter zwei oder mehreren Anbietern. Die Planer müssen sich in der Planungsphase anstrengen. Mit einer blossen Durchschnittsleistung lässt sich eine Totalunternehmerausschreibung nicht gewinnen. Die Angebote basieren also auf einem echten Wettbewerb der Ideen, und die Potentiale zum Kostensparen werden intensiv genutzt.

Es ist möglich, dass bei der Totalunternehmerausschreibung Wettbewerbsteilnehmer mit eigener baugewerblicher Tätigkeit (= integrale Bauunternehmungen) einen Vorteil haben können, sofern der Preis als Entscheidungskriterium im Vordergrund steht. Der starke Druck, besser zu sein als die Konkurrenz, ermöglicht vielleicht gerade bei diesen Firmen innovative (und kostensparende) Spitzenleistungen.

Risiken

Die Risiken für die Bauherrschaft sind grundsätzlich gering. Der Anbieter bietet ein umfassendes Paket an Garantien für Kosten, Termin und Qualität, die dem Generalunternehmer-Werkvertrag entsprechen. Nicht ausschliessen darf man aber, dass schon in der Phase des Pflichtenhefts für die Totalunternehmerausschreibung Fehler auftreten können. Diese hat die Bauherrschaft selber zu verantworten.

Aufwand Bauherrschaft

Die Totalunternehmerausschreibung ist für die Bauherrschaft in der Wettbewerbsphase anspruchsvoll und aufwendig. Zunächst betrifft dies die Ausarbeitung der Ausschreibungsunterlagen (Raumprogramm, evtl. Layout, Qualitätsstandards, technische Detailanforderungen etc.). Aber auch der anschliessende Angebotsvergleich und die Vertragsverhandlungen sind nicht zu unterschätzen. Der Aufwand konzentriert sich allerdings auf den Anfang des Projekts. Nach der Auftragserteilung ist die Beanspruchung der Bauherrschaft nur noch gering.

Ohne spezifische Fachkenntnisse ist eine Totalunternehmerausschreibung nur schwer durchführbar. Es kann sich lohnen, dafür einen sachkundigen Spezialisten zu verpflichten.

Projektdauer

Es ist zu beachten, dass die Totalunternehmerausschreibung länger dauert als alle anderen Verfahren. Erst wenn das siegreiche Projekt bekannt ist, kann die Baueingabe eingereicht werden. Dies bedeutet in der Praxis einen Zeitverlust von einigen Monaten gegenüber anderen Vorgehensvarianten.

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Gesamtbeurteilung

Der Wettbewerb für bauliche Gesamtleistungen ist bei vielen Bauvorhaben eine in hohem Masse attraktive Variante, um kostengünstig zu bauen. Anders als beim traditionellen Verfahren liegt es hier nicht an der Bauherrschaft, während der ganzen Projektdauer auf der Hut zu sein, damit alle Möglichkeit zum Kostensparen ausgeschöpft werden. Die Konkurrenz unter den Anbietern sorgt dafür, dass sich diese selber intensiv darum kümmern. Der Markt sorgt für Effizienz.

Eine Gefahr besteht allerdings bei der Gesamtleistungsausschreibung. Die Entschädigung für die Wettbewerbsteilnehmer ist vielfach nicht allzu gross. Die Anbieter können sich daher veranlasst sehen, in der Wettbewerbsphase nur einen geringen Planungsaufwand zu treiben. Möglicherweise hinterfragen sie die Planungsvorgaben nicht, selbst wenn diese offensichtlich mangelhaft sind. Sie beteiligen den Bauherrn als späteren Nutzer auch zuwenig intensiv an der Planung. Je nach Projekt kann es daher durchaus möglich sein, dass keines der eingereichten Angebote völlig durchoptimiert ist. – Bei einer starken und fachlich kompetenten Projektleitung auf Bauherrenseite ist dieses Risiko allerdings gering.

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Ausblick auf den Teil III des Buches

Im Teil III des Buches werden wir näher auf dieses noch unvertraute und teilweise pionierhafte Verfahren eingehen. Bei der öffentlichen Hand hat es bereits eine gewisse Verbreitung gefunden, bei privaten Bauvorhaben wird es noch selten angewendet.

Zunächst befassen wir uns mit einigen grundsätzlichen Aspekten des Verfahrens (Kapitel 14) sowie mit dem Pflichtenheft (Kapitel 15). Dann behandeln wir die beiden Hauptphasen der Gesamtleistungsausschreibung, die Vorauswahl (Kapitel 16) sowie die eigentliche Projektausarbeitung (Kapitel 17). Ein weiteres Kapitel ist der Bauausführung gewidmet (Kapitel 18). Am Schluss (Kapitel 19) gehen wir auf einige Spezialfragen ein.


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