Teil II:
Planen und Bauen mit einem Architekturbüro
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Kommentare zur digitalen Neuausgabe 2019 von «Günstiger bauen»
(20 Jahre nach der erstmaligen Publikation)
Wir kommen zum Teil II des Buches: Planen und Bauen mit einem Architekturbüro. Er beginnt mit dem Kapitel 6, in dem es um die Projektdefinition als Ausgangslage für die Bauplanung geht. Resultat dieses Arbeitsschrittes ist das Pflichtenheft mit einem Raumprogramm als zentralem Bestandteil.
Gesamthaft gesehen ist der Inhalt des Kapitels 6 zum Pflichtenheft unverändert aktuell und kann auch heute noch mit Gewinn gelesen werden.
Im Zentrum des Kapitels stehen drei ausführliche Beispiele von Pflichtenheften für unterschiedliche Bauaufgaben. Es geht dabei um ein Einfamilienhaus, ein Verwaltungsgebäude und eine Fabrik. Ich würde diese Thematik heute nicht wesentlich anders darstellen.
In einem weiteren längeren Kapitelteil geht es um den Aspekt der Baukosten im Pflichtenheft (Abschnitt 6.3: «Mit dem Pflichtenheft sind die Baukosten weitgehend bestimmt»). Auch diese Betrachtungen sind aus meiner Sicht unverändert gültig.
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Inhalt Kapitel 6:
6.1 Am Anfang ist das Pflichtenheft
6.2A Beispiel Pflichtenheft Einfamilienhaus
6.2B Beispiel Pflichtenheft Verwaltungsgebäude
6.2C Beispiel Pflichtenheft Fabrik
6.3 Mit dem Pflichtenheft sind die Baukosten weitgehend bestimmt
6.4 Einige Spezialfragen
Beim traditionellen Planen und Bauen mit einem Architekturbüro empfiehlt es sich, vor der Auswahl der beauftragten Bauplaner das Bauvorhaben zuerst zu definieren. In einer ersten Phase soll die Bauherrschaft also abklären, was gebaut werden soll, vielleicht sogar, ob überhaupt gebaut werden soll. Das Resultat der Projektdefinition ist das Pflichtenheft. Erst wenn die Bauabsicht klar ist, können die am besten geeigneten Planer ausgewählt werden.
Diese erste Phase, in der die Grundlagen erarbeitet werden, ist meist ausgesprochen anspruchsvoll. Die grossen Leitlinien des Projektes werden hier festgelegt, und der Kostenrahmen wird zu einem grossen Teil bereits bestimmt. Immer geht es darum, zukünftige Erwartungen über die Nutzung in konkrete Raumbedürfnisse umzusetzen. Es liegt auf der Hand, dass vor allem bei komplexeren Bauaufgaben die beauftragten Fachleute für die Projektdefinition in fachlicher Hinsicht hohen Anforderungen zu genügen haben.
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6.1 Am Anfang ist das Pflichtenheft
Aus der SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) geht klar hervor, dass beim Arbeitsbeginn des Architekten die Absicht der Bauherrschaft einschliesslich des finanziellen Rahmens bestimmt sein soll (Art. 4.1.1 SIA 102). Die Grundlagenermittlung ist daher keinesfalls eine normale Grundleistung der beauftragten Planer. Sie ist eine wichtige Aufgabe der Bauherrschaft, für die den Umständen entsprechend externe Fachleute beigezogen werden.
Weil die planerische Vorphase eines Bauprojektes im Unterschied zu den üblichen Planungstätigkeiten in den traditionellen Honorarordnungen (SIA 102 ff.) nicht behandelt wird, haben sich dafür auch sehr unterschiedliche Bezeichnungen eingebürgert. Jedermann weiss, was ein Vorprojekt ist, aber die Phase davor ist begriffliches Pioniergebiet. Man spricht etwa von Bauvorbereitung, Grundlagenermittlung, Feasibility-Studie oder Projektdefinition. Manchmal wird auch der Begriff «Null-Phase» verwendet. Weil die in den SIA-Honorarordnungen 102 ff. geregelten Planungstätigkeiten mit der Phase 1 (Vorprojekt) beginnen, gehören alle vorherigen Tätigkeiten mit einer gewissen Logik tatsächlich zur Phase Null. – Einen Schritt weiter geht allerdings das brandneue Leistungsmodell 95 des SIA, das zurzeit auf seine Praxistauglichkeit erprobt wird. Hier ist die Vorphase im Leistungsumfang der Bauplaner enthalten. Man verwendet dafür den etwas geschraubten Begriff «strategische Planung».
Für das Resultat der Bedürfnisermittlung existieren ebenfalls mehrere Bezeichnungen. Am häufigsten verbreitet dürfte der Begriff «Raumprogramm» sein. Die Grundlagen für Architektenwettbewerbe etwa werden traditionell als Raumprogramme bezeichnet. Ich ziehe allerdings den Begriff «Pflichtenheft» vor. Diese Bezeichnung stammt aus der Industrie. Mit Pflichtenheften werden Vorgaben für neu zu entwickelnde Produkte oder Marktleistungen festgelegt. Pflichtenhefte im industriellen Sinn basieren auf einer Strategie, beinhalten möglichst genaue Marktanforderungen und haben vor allem ein Preisziel. Sinngemäss gelten alle diese Eigenschaften auch für Pflichtenhefte von baulichen Projekten. Die Leitlinie für die (bauliche) Projektentwicklung soll mehr sein als nur eine Liste von Raumanforderungen, wie man aus dem Begriff «Raumprogramm» fälschlicherweise schliessen könnte. Ziele und Randbedingungen aus den verschiedensten Gebieten (Energieverbrauch, Baubiologie, Unterhalt etc.) können und sollen im Pflichtenheft enthalten sein. Es ist somit eine gesamtheitliche Vorgabe für die bauliche Projektentwicklung.
Pflichtenhefte können je nach Bauaufgabe sehr unterschiedlich konzipiert sein. Im folgenden gehen wir auf einige interessante Aspekte ein.
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6.2A Beispiel Pflichtenheft Einfamilienhaus
Normalerweise findet bei einem Einfamilienhaus eine intensive Projektdefinition statt, ohne dass die baulustige Familie den Begriff überhaupt kennt. Sie braucht in der Regel auch keine externe Unterstützung dazu. Es kann allerdings Jahre dauern, bis sie weiss, was sie will.
Obwohl die Bauherrschaft vermutlich alle Wünsche im Kopf hat, sollen sie zuhanden des Architekten doch schriftlich zusammengefasst werden. Vielleicht ist das Resultat sehr komprimiert und hat auf einer Seite Platz. Das Pflichtenheft als Konzentrat aller Anforderungen kann sich etwa zu Fragen wie den folgenden äussern (die Liste ist nur als Anregung zu verstehen):
- Wie viele Räume soll die Wohnung haben?
- Wie gross sind diese Räume, und wie sind sie ausgestattet?
- Ist eine Einliegerwohnung vorzusehen?
- Soll die Küche vom Wohnzimmer getrennt sein?
- Welche Nutzungen sind in Keller und Estrich geplant?
- Wie soll das Haus geheizt werden?
- Welche Präferenzen bestehen hinsichtlich der Materialwahl?
- Welchen Stellenwert hat die Baubiologie?
- Welche Ansprüche werden an Unterhalt und Betrieb gestellt?
- Wieviel darf das Haus kosten (maximaler Investitionsbetrag)?
Der letztgenannte Punkt (Investitionbetrag) gehört unbedingt in ein gutes Pflichtenheft. Im Minimum soll es eine anspruchsvolle Zielgrösse sein, noch besser ist eine verbindliche Kostenlimite, die keinesfalls überschritten werden darf.
Karikatur Orlando – Rechte bei Hans Röthlisberger
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Exkurs: Kaufen oder mieten?
Kühl rechnende Leute, für die nicht das emotionale Hochgefühl von eigenem Grund und Boden im Vordergrund steht, wollen zuerst wissen, ob sich Wohneigentum überhaupt lohnt. Wäre mieten allenfalls nicht günstiger als kaufen? Mieten ist, rein kaufmännisch betrachtet, meistens attraktiver, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.
Der Autor hat sich in mehreren Zeitungsartikeln vertieft mit diesem Thema auseinandergesetzt (siehe vor allem «Neue Zürcher Zeitung» vom 11. Januar 1995, Seite 24). Das Ergebnis der Vergleichsrechnung «Kauf oder Miete» lässt sich in folgende Daumenregel kleiden.
«Mieter und Käufer können langfristig dann das gleiche Vermögen erreichen, wenn der Kaufpreis (einschliesslich Handänderungskosten) etwa 20mal einer Jahresmiete (ohne Nebenkosten) entspricht.»
Bei dieser Vergleichsrechnung sind unterschiedliche Nutzungseigenschaften von Miet- oder Kaufobjekten nicht berücksichtigt. Wir beschränken uns also nur auf die finanziellen Aspekte.
Wer ein Reihenhaus für 600 000 Fr. kaufen will, darf somit für die Miete monatlich bis 2 500 Fr. bezahlen, um auf das gleiche Vermögen zu kommen. Wer hingegen für eine 4-Zimmer-Wohnung etwa den landesdurchschnittlichen Mietzins von 1 200 Fr. bis 1 300 Fr. bezahlt, darf für eine Eigentumswohnung bis 300 000 Fr. auslegen, um nicht schlechter zu fahren. Für ein Einfamilienhaus der Preisklasse 1 Mio. schliesslich beträgt die entsprechende Miete 4 000 Fr. monatlich. Anders ausgedrückt fährt bei der Daumenregel der Mieter so lange günstiger, als seine Jahresmiete weniger als 5% des Kaufpreises eines Vergleichsobjektes beträgt. Alle diese Angaben beziehen sich auf einen Betrachtungszeitraum von 25 Jahren.
Es würde den Rahmen dieses Bauherrenratgebers sprengen, wenn wir uns im Detail mit der anspruchsvollen finanzmathematischen Berechnung befassen wollten, die dem Vergleich Miete-Kauf zugrunde liegt. Einen einzigen Aspekt wollen wir allerdings herausgreifen. Er betrifft die Kapitalanlage des Mieters. Der Grundeigentümer hat den Vorteil, dass seine Kapitalanlage (mehr oder weniger) inflationsgeschützt ist und als steuerfreundlich betrachtet werden kann. Wenn wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen wollen, müssen wir dem Mieter eine Alternativanlage zubilligen, die gegenüber Grundeigentum nicht von vornherein krass abfällt. In erster Linie denke ich dabei an Aktien. In der Vergangenheit haben, über sehr lange Fristen betrachtet, Aktien real (inflationsbereinigt) jährlich über 5% rentiert (Pictet & Cie, 1994: Die Performance von Aktien und Obligationen in der Schweiz, Genf). Es darf erwartet werden, dass dies auch in Zukunft ähnlich sein wird.
Ein Mieter, der von seinen Ersparnissen im Alter mehr erwartet als ein Butterbrot, muss Aktien und verwandte Anlageformen kaufen. Damit hat er vergleichbare Möglichkeiten zur Vermögensbildung wie der Grundeigentümer. Mit eidgenössischen Obligationen oder gar dem Sparheft kommt er auf keinen grünen Zweig.
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6.2B Beispiel Pflichtenheft Verwaltungsgebäude
Ein Pflichtenheft ist die massgebliche Planungsgrundlage für ein Bauvorhaben, das heute gebaut wird, aber die Raumbedürfnisse der Zukunft zu befriedigen hat. Nun ist aber jede Aussage zur Zukunft und somit jede Prognose mit Unsicherheit behaftet. Diese Ungewissheit hat Konsequenzen für die Bauprojekte. Sie müssen in hohem Masse unterschiedlich nutzbar sein und sich an verschiedene mögliche Entwicklungen, die nicht genau vorhersehbar sind, anpassen können.
Bei einem Verwaltungsgebäude eines Industrieunternehmens hat die Unsicherheit einen besonders hohen Stellenwert. Die zukünftigen Geschäftsaussichten, von denen der Raumbedarf primär abhängt, sind nur beschränkt prognostizierbar. Aber nicht nur die Anzahl der Arbeitsplätze kann sich ändern, auch die Art der Bürotätigkeit und damit der davon abhängende Flächenbedarf pro Arbeitsplatz. Neue Möglichkeiten der Konzeption von Büros treten auf, von Kombibüros mit Studierzellen bis zu völlig offenen Landschaften mit variablen, nicht fest zugeteilten Arbeitsplätzen.
Wohin man auch blickt: Alles verändert sich. Man kommt allerdings nicht darum herum, die Unsicherheit zu akzeptieren und so gut wie möglich mit ihr zu leben. Sorgfältige Überlegungen zu denkbaren Entwicklungen sind besser, als vor der Ungewissheit zu kapitulieren und überhaupt auf Planung zu verzichten.
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Grundprinzip des Raumprogramms
Das nachfolgende Beispiel zeigt eine Möglichkeit, wie das Resultat der Bedürfnisermittlung für ein Verwaltungsgebäude dargestellt werden kann. Der Anforderungskatalog in Listenform ist vergleichbar mit dem Raumprogramm für einen Architektenwettbewerb. Ueblicherweise werden nur die reinen Nutzflächen (Nettoflächen) aufgelistet. Die Flächen für Erschliessung, WC-Anlagen und dergleichen sind im Raumprogramm normalerweise nicht aufgeführt und ergeben sich erst durch die architektonische Umsetzung.
Das Raumprogramm besteht im Beispiel aus folgenden Teilen:
A. Ständige Arbeitsplätze
Als grober Richtwert für überschlagsmässige Berechnungen kann von einem Mittelwert von etwa 14 m2 pro Büroarbeitsplatz ausgegangen werden (reine Nutzfläche, ohne Korridore, Sanitär- und Nebenräume etc.).
B. Nebenräume
In diese Rubrik des Raumprogramms fallen Nutzungen wie Sitzungzimmer, Ausstellungsräume, Archive, Computerräume, Bibliotheken und dergleichen mehr.
C. Wachstumsreserven
Hier wird aufgeführt, welcher zusätzliche Raumbedarf innerhalb des Planungshorizonts (z. B. 5 Jahre) erwartet wird. Der auf diese Weise prognostizierte Wachstumsbedarf wird auf Vorrat gebaut.
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Beispiel eines Raumprogramms für ein Verwaltungsgebäude
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Grobe Abschätzung der Anlagekosten
Der ungefähre Investitionsbetrag für das Verwaltungsgebäude kann bereits anhand des Raumprogramms abgeschätzt werden, sofern die notwendigen statistischen Erfahrungswerte verfügbar sind. Neben dem eigentlichen Kostenkennwert (Fr. pro m2 Geschossfläche) braucht es einen Erfahrungswert für den Umrechnungsfaktor U. Mit diesem Faktor U wird aus der Nettonutzfläche (gemäss Raumprogramm) die Geschossfläche berechnet. Die Geschossfläche enthält im Unterschied zur Nettonutzfläche zusätzlich Wandquerschnitte, Korridore, Treppen, Sanitäranlagen und dergleichen. Der Umrechnungsfaktor U ist nicht bei allen Projekten gleich und hängt ab von Büroform, Erschliessungskonzept und weiteren Parametern.
Im nachfolgenden Beispiel wird das geforderte Raumprogramm auf zwei oberirdische, gleich grosse Bürogeschosse aufgeteilt. Zusätzlich wird für die Kostenberechnung ein Untergeschoss mit nicht näher definierter Nutzung angenommen. Es ergeben sich approximative Anlagekosten (ohne Grundstück) von 2.7 Mio. Fr.
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Abschätzung der Anlagekosten für ein Verwaltungsgebäude
(mit einem Raumprogramm als Grundlage der Berechnung)
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6.2C Beispiel Pflichtenheft Fabrik
Bei einem Industrieunternehmen kann die Definition eines Bauvorhabens und die Erstellung des Pflichtenheftes eine höchst anspruchsvolle Aufgabe sein. Betrachten wir anhand eines Beispiels einen typischen Ablauf.
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Ausgangslage
Stellen wir uns ein alteingesessenes Industrieunternehmen der Maschinenbranche in einer mittleren Schweizer Stadt vor. Mit 400 Angestellten wird eine Marktnische bearbeitet, die von den Grossen der Branche vernachlässigt wird. Weil die Ausdehnungsmöglichkeiten beschränkt sind, ist in der Vergangenheit bereits ein Teil der Aktivitäten an Entlastungsstandorte ausgelagert worden. Der historische Ursprung der Firma ist aber immer noch weitaus am bedeutendsten. Dem Firmenareal sieht man die lange Geschichte an. Von den Pionierbauten aus der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts bis zu Werkerweiterungen der Neuzeit findet man alles. Die 40 000 m2 Nutzfläche sind auf rund zwanzig Gebäude verteilt. Die betrieblichen Abläufe und der Materialfluss sind an einzelnen Stellen alles andere als optimal.
Eines schönen Tages ist es soweit: die Auftragslage ist erfreulich, und die Firma platzt aus allen Nähten. An vielen Stellen der Produktion klemmt es gleichzeitig. Man braucht dringend mehr Platz. Aber wo schafft man die neuen Flächen, und was bringt man dort unter? Das ist die Traumausgangslage für eine umfassende baulich-betriebliche Gesamtplanung. Erst mit dem Ergebnis dieser Studie kann sinnvollerweise ein Bauprojekt ausgelöst werden.
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Eine Gesamtplanung schafft Klarheit
Bei einer baulich-betrieblichen Gesamtplanung geht es grundsätzlich darum, die langfristigen Raumanforderungen mit den Möglichkeiten des Standortes optimal in Übereinstimmung zu bringen. Sie umfasst normalerweise vier Planungsschritte.
Schritt 1: Planungsgrundlagen
In einem ersten Schritt werden die Planungsgrundlagen systematisch erarbeitet und zusammengestellt. Dabei ist es unerlässlich, dass man die betrieblichen Abläufe sehr genau kennt (Produktionsprogramm, kritische Prozesse, Materialfluss etc.).
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Beispiel einer Planungsgrundlage (Segmentierung der Produktion einer Fabrik)
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Schritt 2: Raumprogramm
Die zweite Teilaufgabe einer Gesamtplanung ist die Abschätzung des zukünftigen Flächenbedarfs. Grundlage für die Prognose dieses Bedarfs ist die angestrebte geschäftliche Entwicklung. Da diese wie jede Prognose unsicher ist und relativ stark schwanken kann, arbeitet man häufig mit Szenarien. Für die gewählten Szenarien der Geschäftsentwicklung werden nun die Raumanforderungen möglichst plausibel ermittelt. Dabei berücksichtigt man alle absehbaren technischen und organisatorischen Trends. Je nach Art der Raumnutzung (Produktion, Büros, Lager etc.) wendet man dabei ganz unterschiedliche Methoden an. Das Resultat dieser zweiten Teilaufgabe ist ein Raumprogramm, das auf dem sicheren Fundament der Unternehmensstrategie ruht.
Schritt 3: Masterplan
Die dritte wichtige Teilaufgabe ist die Erarbeitung eines sogenannten Masterplanes (Gesamtbebauungsplanes) für den Standort. Grundlage aller Baumassnahmen auf grösseren Arealen soll nämlich ein Leitbild für die langfristige bauliche Entwicklung sein. Damit ist gewährleistet, dass auch der Vollausbau noch allen betrieblichen Anforderungen entspricht. Der Masterplan regelt nicht nur die sinnvolle Anordnung der Bauvolumen, sondern enthält auch Konzepte für die Infrastruktur (Medienversorgung, Verkehr etc.). Bei der Erarbeitung werden die Ausbaumöglichkeiten des Areals sorgfältig untersucht, und die vorhandene Bausubstanz wird im Hinblick auf eine weitere Nutzung beurteilt.
Schritt 4: Projektdefinition
In der letzten und anspruchsvollsten Teilaufgabe der Gesamtplanung geht es darum, das konkrete Bauvorhaben zu definieren. In einem unter Umständen mehrstufigen Verfahren wird diejenige Lösungsvariante ausgewählt, die den Anforderungen am besten entspricht. Mit dem ausgewählten Lösungskonzept (siehe Grundrissplan und Arbeitsmodell auf der nächsten Seite) ist das Bauvorhaben in den Grundzügen definiert. Das Projekt ist zwar noch roh und ungeschliffen, aber es ist da.
Für die Fabrik in diesem Beispiel, die in zwanzig Gebäuden untergebracht ist und zuwenig Platz hat, kann das definierte Projekt in einem Satz wie folgt umrissen werden:
«Die Endmontage für die Produktelinien A und B sowie die Oberflächenbearbeitung werden in einen Neubau am Standort xy mit 6 000 m2 Bruttogeschossfläche ausgelagert.»
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Projektdefinition einer Fabrikerweiterung: Grundrissplan mit grober Angabe der Nutzung
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Projektdefinition einer Fabrikerweiterung: Arbeitsmodell
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Das Pflichtenheft
Als Abschluss der Projektdefinition wird häufig ein Bericht erstellt, der das definierte Investitionsprojekt in der nötigen Genauigkeit beschreibt. Dieses Dokument fasst die wichtigsten Resultate aus der Phase der Projektdefinition zusammen und dient als Pflichtenheft für die nachfolgende Bauplanung.
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Inhalt eines Pflichtenheftes für ein Fabrikprojekt (Beispiel)
Grundlagen und Randbedingungen
- Zusammenstellung der wichtigsten betrieblichen Planungsgrundlagen
(Hinweis: die Details sind in einem separaten Bericht enthalten) - bauliche Randbedingungen (Baugesetz, Anforderungen der Behörden, Baugrund etc.)
- Masterplan Firmenareal (inkl. Infrastruktur)
- zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten bis zum Vollausbau
Ausgewählte Lösung
- Darstellung des Bauvorhabens mit Plänen (Grundrisse, Schnitte)
- grobe Angabe der Nutzung (Blocklayouts für alle Geschosse)
- Erläuterungen zum Konzept
- Hinweise für die weitere Bearbeitung
- Begründung für die Wahl der Lösung
- Abschätzung der Investitionen; Kennwerte von Vergleichsobjekten
- etappenweise Realisierung
Weiteres Vorgehen
- Budgetantrag für die nächste Planungsphase
- Wahl der Planer
- Projektorganisation
- Terminplan