.

7.2 Fachleute im Architekturbüro

Mit welchen Fachleuten eines Architekturbüros hat die Bauherrschaft direkt zu tun? Welche sind für den Projekterfolg speziell wichtig? Weil diese Fragen für die Evaluation eines Architekturbüros eine gewisse Bedeutung haben, wollen wir uns kurz damit befassen.

.

Der Projektleiter

Es liegt auf der Hand, dass ein Projektleiter einen massgeblichen Einfluss hat auf das Gelingen eines Projektes. Es erstaunt darum schon etwas, dass man den Begriff des Projektleiters vor allem in kleineren Büros mit überschaubaren Bauaufträgen (Einfamilienhäuser und dergleichen) kaum kennt. Ohne dass der Büroinhaber ein Wort darüber verliert, muss die Bauherrschaft aus seinem Verhalten schliessen, dass er anscheinend der Projektleiter ist. Die Erfahrung zeigt, dass das Resultat darunter nicht zwangsläufig leiden muss. – Bei grösseren Projekten allerdings ist es üblich, einen Projektleiter formell zu ernennen und die Projektorganisation in einem Organigramm darzustellen.

Der Projektleiter ist der wichtigste Gesprächspartner der Bauherrschaft. Mit Ausnahme von untergeordneten Informationen soll der gesamte Informationsfluss zwischen Bauherrschaft und Planer über ihn laufen. Er hat die Oberaufsicht über den gesamten Projektablauf. Er steuert nicht nur die Tätigkeit des Architekturbüros, sondern koordiniert sämtliche beteiligten Planer (Bauingenieur, Haustechnikplaner und Berater). Seine Aufgaben sind in der SIA-Honorarordnung 102 in den Grundzügen festgelegt. Anstelle des in der ganzen Wirtschaft geläufigen Begriffs wird allerdings der Ausdruck «Gesamtleiter» verwendet. Man sollte sich dadurch aber nicht verwirren lassen: der Gesamtleiter ist nichts anderes als der Projektleiter.

Um die Begriffsverwirrung auf die Spitze zu treiben, darf angefügt werden, dass eine führende Generalunternehmung vor ein paar Jahren den Begriff des «Gesamtprojektleiters» erfunden hat. Seither wird er vielerorts in der Generalunternehmerbranche verwendet. Ein unbefangener Beobachter wird vermuten, dass es sich bei dieser semantischen Neuschöpfung um eine Kreuzung zwischen einem Projektleiter und einem Gesamtleiter handelt. Da aber (siehe oben) ohnehin beide das gleiche tun, ist bei Lichte betrachtet auch ein Gesamtprojektleiter nur (aber immerhin) ein schlichter Projektleiter.

Ein Projektleiter soll ein echter Bauprofi sein, der einen entsprechend breiten Horizont hat und das Bauen in seiner Gesamtheit versteht. In kleineren Büros ist vielfach der Firmeninhaber Projektleiter. In Personalunion kümmert er sich möglicherweise noch gleichzeitig um den Entwurf. In grösseren Büros kann ein erfahrener Senior-Architekt als Projektleiter eingesetzt werden. Meistens leitet er mehrere Projekte gleichzeitig, sogar grössere. Der Projektleiter muss aber nicht unbedingt selber Architekt sein und auch nicht zwangsläufig dem Architekturbüro angehören. Bei einem Industriebauprojekt kann beispielsweise ein Ingenieurbüro mit der Gesamtleitung betraut werden. Der Projektleiter ist in diesem Fall ein Bauingenieur.

In Architekturbüros gibt es gelegentlich Konflikte zwischen dem Projektleiter und dem Entwurfsarchitekten. Am liebsten ist der Entwurfsarchitekt gleichzeitig Projektleiter. Er befürchtet, dass sein geniales Konzept verwässert werden könnte, wenn er nicht alle Fäden in der Hand behält. Solange der Entwurfsarchitekt Projektleitereigenschaften hat, ist dagegen natürlich nichts einzuwenden. Man sollte aber bedenken, dass die Anforderungen an Projektleiter und Entwerfer völlig verschieden sind und nur in glücklichen Ausnahmefällen von der gleichen Person wahrgenommen werden können. Der Entwerfer ist vielfach ein sensibler Künstler, der Projektleiter eher ein robuster Macher.

.

Fachleute für die Planung

Die Planung eines Gebäudes kann man in zwei Hauptphasen unterteilen: den Entwurf und die Ausführungsplanung. Leute mit verschiedenen Berufsbezeichnungen wirken daran mit: Entwurfsarchitekten, Konstrukteure, Ausführungsarchitekten, Bauzeichner. Die Organisation der Planungsarbeit hat sich im Laufe der Zeit erheblich gewandelt. Früher ist die Arbeitsteilung kultiviert worden. In grösseren Büros ist der Entwurf in der Entwurfsabteilung entstanden. Anschliessend hat man das Projekt für die Ausführungsplanung an die Konstruktionsabteilung weitergereicht. Heute geht der Trend eindeutig in die andere Richtung: Entwurf und Konstruktion werden eng gekoppelt vom gleichen Team erbracht. Diese Gruppenarbeit wird nicht zuletzt durch die EDV unterstützt: während des Entwurfsprozesses an der CAD-Anlage steht der entwerfenden Person zunehmend mehr konstruktionsbezogenes Expertenwissen in Form von Datenbanken oder Bauteilbibliotheken zur Verfügung, das in einem sehr frühen Stadium in den Entwurf einfliesst.

Von den genannten Fachleuten für die Planung wird die Bauherrschaft vor allem mit dem Entwurfsarchitekten zu tun haben, während die übrigen eher im Hintergrund bleiben werden. Der Entwerfer ist natürlich eine ganz wichtige Figur. Als geistiger Urheber des Entwurfs hat er es in der Hand, ob beim Bauen städtebauliche und gestalterische Qualität entsteht. Vor allem in den renommierteren Büros sind die Entwerfer die Superstars. Durch den Gewinn eines Wettbewerbs kann unter Umständen Arbeit auf Jahre hinaus gesichert werden.

Ein guter Entwurfsarchitekt kennt sich auch in der Ausführung aus und deckt im Idealfall beide Bereiche ab. Ein kostengünstiges Bauen, das diesen Namen verdient, ist ohne enge Kopplung von Entwurf und Konstruktion gar nicht möglich.

.

Fachleute für Kostenwesen und Bauleitung

Der andere Tätigkeitsbereich im Architekturbüro neben der Planung ist die Bauausführung. Sie umfasst das Kostenwesen und die Bauleitung. Im Ausland bestehen für diese Arbeitsgebiete teilweise eigenständige Berufe mit langer Tradition. In Grossbritannien beispielsweise ist für den Bereich Baukosten der «Quantity Surveyor» zuständig (oft ein selbständig erwerbender Berufsmann) und um die örtliche Bauleitung kümmert sich der «Site Manager».

Gewisse Ansätze zur Spezialisierung gibt es auch in der Schweiz. Vermehrt bieten freischaffende sogenannte Bauökonomen ihre Dienste an, die mit den britischen «Quantity Suerveyors» vergleichbar sind. Sie konzentrieren sich ausschliesslich auf den Bereich der Baukosten (Kostenermittlung, Vertragswesen, Kostenüberwachung etc.).

Im Normalfall jedoch besorgt hierzulande eine einzige Person das Kostenwesen und die örtliche Bauleitung: der Bauleiter (manchmal fälschlicherweise auch Bauführer genannt). Der Bauleiter ist eine Art Superman des Bauwesens und hat einen in hohem Masse anspruchsvollen Job, von dem der Projekterfolg wesentlich abhängt. Es braucht eine robuste Konstitution, um in diesem rauhen Metier bestehen zu können. Man muss abschalten können und darf die Dinge nicht zu nahe an sich heranlassen. Leider halten viele Bauleiter den extremen Stress nicht aus und werden krank. Die stressbedingte Abnützung ist bei den Bauleitern weitaus am höchsten von allen Berufen im Architekturbüro. – Am wenigsten scheinen übrigens die Büroinhaber dem Stress ausgesetzt zu sein. Diese sind meistens bis weit nach dem ordentlichen Pensionierungsalter quicklebendig, und viele werden steinalt.

Falls Bauleiter aus gesundheitlichen Gründen nicht kürzertreten müssen, werden sie mit zunehmendem Alter immer besser. Die Erfahrung spielt bei diesem Beruf eine enorme Rolle, und so richtig gut wird man erst nach einigen Jahrzehnten. Dank dem langsamen technischen Fortschritt veraltet das Wissen nämlich kaum. Ein guter, erfahrener und besonnener Bauleiter kann für die Bauherrschaft Gold wert sein.

.

Wenig Arbeitsteilung, kleines Planungsteam

Wie viele Personen sollen in einem Architekturbüro an einem Projekt arbeiten? Grundsätzlich ist es zu empfehlen, kleine Planungsteams zu bilden mit Fachleuten, die sich gut ergänzen. Die Arbeit soll nicht zu stark aufgeteilt werden.

Drei bis vier Personen reichen selbst bei grösseren Projekten bis etwa 10 Mio. Franken Baukosten aus. Der Kern des Teams besteht meiner Ansicht nach idealerweise aus einem Universal-Architekten (federführend für Entwurf und Ausführungsplanung) und einem Bauleiter. Eine weitere zentrale Figur ist der Projektleiter, wobei dieser nur einen teilzeitlichen Einsatz leisten muss. Je nach Arbeitsanfall wird das Team durch Personal ergänzt, das die Pläne erstellt. Belastungsspitzen für die Planbearbeitung gibt es vor der Baueingabe sowie vor allem beim Erstellen der Ausführungspläne.

Die Effizienz kleiner Teams zeigt sich nicht zuletzt bei der Nachkalkulation: Geld verdient wird nämlich mit kleinen Teams. Die Erfahrung zeigt, dass ein Projekt am ehesten dann in die roten Zahlen abgleitet, wenn zu viele Personen daran mitarbeiten.

.

7.3 EDV-Hilfsmittel im Architekturbüro

Die Planungsbranche wird in Zukunft ohne Informatik nicht mehr denkbar sein. Wagen wir eine Prognose, wie die Arbeit in der Bauplanung in etwa 10 oder 15 Jahren aussehen könnte.

.

Das Planungsbüro im Jahr 2010 – eine Vision

Computer sind so einfach zu bedienen wie im Jahr 1998 Telefone. Alle Geräte tauschen problemlos miteinander Daten aus. Die Bauplaner entwerfen und konstruieren mit sehr viel Expertenwissen, das sie aus Datenbanken abrufen. Menschliche Experten wie beispielsweise Bauphysiker braucht es im Normalfall kaum noch, vielleicht nicht einmal Statiker. Die geplanten gebäudetechnischen Systeme sind auf dem Bildschirm wirklichkeitsnah als Simulation zu betrachten. Planer und zukünftige Nutzer können anschaulich verfolgen, wie Heizung und Lüftung auf unterschiedliche Bedingungen reagieren, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Schon fast banal ist die Feststellung, dass man das Gebäude im Planungsstadium innen und aussen in fotorealistischen Bewegungsabläufen betrachten kann. Leistungsverzeichnisse und Kostenermittlungen werden aus den Planinformationen praktisch automatisch erstellt. Vermutlich werden sogar die Angebotspreise weitgehend online von den Unternehmern eingeholt. Die Vorausmasse in den Werkverträgen sind so genau, dass sich ein Ausmessen erübrigt. Die Bauarbeiten werden daher in der Regel pauschal vergeben.

Leider sind wir von dieser Vision noch einiges entfernt. Die EDV befindet sich in der Bauplanungsbranche nach wie vor im Pionierstadium. Viele der Pioniere haben sich damit in der Vergangenheit hohe Kosten eingehandelt, und einige sind daran fast zugrunde gegangen. Ich kenne ein renommiertes Architekturbüro, das in den achtziger Jahren Millionen in eine grosse CAD-Anlage investiert hat. Noch nach Jahren hat sich der damalige Chefarchitekt darüber beklagt, dass ihm das System wie ein Jumbo-Jet vorkomme, mit dem man nur auf dem Rollfeld herumfahren könne. Niemand sei in der Lage, mit dem technischen Wunderding richtig zu fliegen. – Einige Zeit später ist der ganze Zauber verschrottet worden.

Die Bauherrschaft erwartet von der EDV vor allem eines: Als wichtiges Arbeitsinstrument der beauftragten Planer soll sie primär die Kosten der Planungstätigkeit senken – und nicht etwa erhöhen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die EDV-Ausstattung des Architekturbüros für den Auftraggeber nicht ganz unerheblich. Im folgenden gehen wir auf einige Aspekte etwas näher ein.

.

Planbearbeitung mit CAD

Pläne kann man heute mit CAD zweifellos effizient zeichnen. Meiner Ansicht genügt dazu aber ein zweidimensionales System (2 D). Verglichen mit einer dreidimensionalen Anlage (3 D) erhält man mit 20% der Investitionen viel-leicht 80% des Nutzens. Als Bauherrr würde ich mich nicht allzustark blenden lassen von der Aussicht auf animierte fotorealistische Darstellungen. Seit dem Film «Jurassic Parc» von Steven Spielberg ist zwar allgemein bekannt, dass man mit Computern künstliche Welten erzeugen kann, die von realen nicht zu unterscheiden sind. Aber der Aufwand dafür ist sehr hoch. Nicht nur die EDV-Infrastruktur an und für sich ist kostspielig (Rechnerleistung, Bildschirm, Ausgabegeräte), auch der Planungsaufwand selber ist erheblich. Für eine animierte Innenansicht beispielsweise müssen viel mehr Daten eingegeben werden als für eine traditionelle Darstellungsart. Trotzdem resultiert meistens nur ein recht karger Raumeindruck. Das Verhältnis zwischen (planerischem) Aufwand und (visuellem) Ertrag ist meiner Ansicht nach eher ungünstig.

Auch unter den 2 D-Anlagen gibt es noch erhebliche Preisunterschiede. Ich zähle mich zu den Anhängern von Günstiglösungen. Sie amortisieren sich unter Umständen in ein paar Monaten.

.

Kostenwesen

Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis beim Einsatz von EDV in der Bauplanung ist im Bereich des Kostenwesens zu finden. Es ist mir unerklärlich, dass es immer noch einige Büros gibt, die ohne EDV auskommen.

Die meisten Planungsbüros kaufen für das Kostenwesen eines der gängigen Branchenprogramme. Dagegen ist sicher nichts einzuwenden. Man kann aber genausogut mit millionenfach verbreiteten Tabellenkalkulationsprogrammen wie Excel arbeiten, die als Allzweckinstrumente für Zahlenanwendungen auf praktisch jedem Computer vorhanden sind. Vor allem für die Kostenüberwachung (siehe Abschnitt 11.6 «Baukosten überwachen») gibt es beeindruckende handgestrickte Excel-Lösungen. Ich habe schon viele Programme zur Kostenüberwachung gesehen, aber die absolut besten und flexibelsten basieren auf Tabellenkalkulation. Gemäss meinen Erfahrungen lassen daher nicht wenige der wahren Könner unter den Bauleitern und Baukostenspezialisten die teilweise etwas unflexiblen Branchenprogramme schnöde beiseite und arbeiten mit Werkzeugen, die sie optimal auf ihre Bedürfnisse anpassen können.

.

Fazit

Beim Einsatz der EDV im Planungsbüro kommt es nicht auf die Leistungsfähigkeit des Computers oder die Anzahl der Farben des Bildschirms an, sondern praktisch ausschliesslich auf die Virtuosität der Planungsfachleute im Umgang mit elementarer Software. Verwenden wir dazu nochmals den Vergleich mit dem Jumbo-Jet vom Anfang dieses Abschnitts: Der Jumbo kann noch so toll sein, wenn er nicht abhebt, macht er keinen Spass. Lustig dagegen ist es mit einem leicht zu fliegenden Kleinflugzeug, einer «fliegenden Kiste»: Damit kann man der Konkurrenz herrlich um die Ohren fliegen.

.

7.4 Einige Kriterien für die Auswahl des Architekturbüros

In den letzten Abschnitten haben wir festgestellt, dass es auf dem Markt ausgesprochen verschiedenartige Architekturbüros gibt. Sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Grundhaltung hinsichtlich der architektonischen Gestaltung, sondern auch durch den Grad der Spezialisierung, die Firmengrösse und viele weitere Gesichtspunkte.

Im folgenden gehen wir auf einige Kriterien näher ein, die nützlich sein können, um für eine bestimmte Bauaufgabe das passende Büro auszuwählen.

.

Kriterium 1: Architektonische Qualität

Obwohl eine objektive Definition der architektonischen oder planerischen Qualität kaum möglich ist (vgl. Kapitel 5), besteht trotzdem Einigkeit darüber, dass die Güte der Arbeit ein ausgesprochen wichtiges Kriterium ist für die Wahl eines Architekturbüros. Je nach Projekt und Bauherrschaft stehen eher messbare (funktionale) oder nicht messbare (ästhetische) Aspekte der Qualität im Vordergrund. Für einen kostenbewussten industriellen Investor reduziert sie sich möglicherweise weitgehend auf das Messbare: Wenn das Bauwerk einigermassen nutzbar ist und es nicht hineinregnet, stimmt für ihn die Qualität. Schönheit ist ein Nebenthema. Bei Wettbewerben der öffentlichen Hand dagegen dreht sich fast alles um die künstlerisch-städtebauliche Güte.

Auch die Qualität von alltäglichen Bauaufgaben wie Einfamilienhäusern wird je nach Standpunkt höchst kontrovers beurteilt. Eine Zeitschrift für Fachleute wie das «Werk» beispielsweise versteht unter einem qualitativ hochstehenden Wohnhaus nicht unbedingt das gleiche wie eine PR-Zeitschrift für Typenhaus-Interessenten. Schönheit ist subjektiv.

.

Kriterium 2: Günstige Baukosten

Die Fähigkeit einer Planungsfirma, günstig zu bauen, hat in diesem Buch einen ganz hohen Stellenwert. Allerdings ist es für eine Bauherrschaft nicht einfach, die Bewerber für einen Auftrag diesbezüglich einzuschätzen. Anhand der folgenden Informationsquellen kann sie Anhaltspunkte für eine Beurteilung erhalten.

Kostendaten

Neutrale Analysen von unabhängigen «Rating-Agenturen» (Prüforganisationen) gehören zu den besten Entscheidungsgrundlagen überhaupt für Bauherrschaften. Im Idealfall wird dabei das Preis-Leistungs-Verhältnis von ausgewählten Bauobjekten verglichen. Ein vorbildlicher derartiger Test ist im Kapitel 3 beschrieben (Abschnitt 3.2 «Ein Testbericht über Wohnbauten»). Leider ist Transparenz nicht die Stärke der Bauwirtschaft: neutrale Tests gibt es nur wenige.

Eine andere Informationsquelle sind Kostenanalysen nach der Elementmethode, die öffentlich publik gemacht werden. In der Fachzeitschrift «Werk» beispielsweise findet man regelmässig derartige Analysen. Für nicht Sachkundige sind sie allerdings nicht ganz einfach zu interpretieren.

Nützlich sind ebenfalls Kostendaten von ausgeführten Projekten, die zwar nicht publiziert sind, aber interessierten Bauherren zur Verfügung gestellt werden. Es gibt leistungsfähige Planungsfirmen, die damit recht freigiebig umgehen. Bei übertriebener Zurückhaltung ist meines Erachtens eine gewisse Vorsicht angezeigt. Vielleicht ist der Grund der Diskretion schlicht ein mangelhafter Leistungsausweis.

System der Kostenermittlung

Ein effizientes System der Kostenermittlung ist ein gutes Indiz dafür, ob eine Planungsfirma in der Lage ist, kostenbewusst zu bauen. Es ist für sie eine Art Navigationsinstrument, um im Dschungel der technischen Möglichkeiten das ökonomische Optimum zu finden. Die Firma muss in der Lage sein, die Kosten verschiedener Ausführungsvarianten präzise und schnell berechnen zu können. – Im Kapitel 10 gehen wir näher auf die Instrumente der Kostenplanung ein.

Einhaltung des Kostenvoranschlags

Eine Planungsfirma, die den Kostenvoranschlag einhält, baut nicht zwangsläufig günstig – aber sie reduziert immerhin das Risiko für die Bauherrschaft. Wenn es ihr fünfmal nacheinander gelingt, dürfte sie es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch beim nächsten Mal schaffen. Umgekehrt kommt eine Kostenüberschreitung selten allein. Die Bauherrschaft tut deshalb gut daran, sich bei einigen Projekten nach dem Ergebnis der Schlussabrechnung zu erkundigen – und zwar bei den Auftraggebern.

.

Kriterium 3: Erfahrung und Referenzen

Eines der Grundgesetze der Wirtschaft ist das Gesetz der Erfahrungskurve. Es besagt, dass (etwas vereinfacht ausgedrückt) die Fähigkeit zum Kostensenken mit zunehmender Erfahrung ansteigt. Ob das Potential aber auch genutzt wird, ist eine andere Frage: viel Erfahrung macht kostengünstige Lösungen möglich, eine Garantie dafür ist sie nicht.

Das Gesetz der Erfahrungskurve (auch Boston-Effekt genannt) gilt selbstverständlich auch in der Bauwirt-schaft. Allerdings kann sich hier der Boston-Effekt nicht richtig entfalten, weil er mit einem Naturgesetz kollidiert, das im Bauwesen fest verankert ist: dem Gesetz des Generalistentums. Viele Baufachleute und insbesondere die meisten Architekten nehmen für sich in Anspruch, dass sie alles können. Sie wehren sich daher vehement gegen jede Form der Spezialisierung.

Die Bauherrschaft hat es in der Hand, Erfahrungen zu honorieren. Sie hat kein Interesse daran, dass die von ihr beauftragten Planer ständig das Rad neu erfinden. Einschlägige Erfahrungen sind etwas sehr Praktisches, wenn es um kostengünstige Lösungen geht. Anhand der Referenzenliste kann sich die Bauherrschaft ein Bild davon machen, welche Erfahrungen die Interessenten für den Auftrag mitbringen. Referenzen sind für Bauwillige ein wichtiges Entscheidungskriterium.

Man sollte sich durch eine lange Referenzenliste aber nicht vorschnell blenden lassen. Eine grosse Anzahl Aufträge muss nicht zwangsläufig heissen, dass die Güte der Arbeit immer über jeden Zweifel erhaben ist. Diese Erfahrung habe ich, um ein konkretes Beispiel herauszugreifen, einmal anlässlich einer Besichtigungstour im Elsass gemacht. Ein bekannter Industriearchitekt hat der kleinen Delegation eines Bauinteressenten seine Projekte gezeigt. Seine Referenzenliste ist beeindruckend gewesen und hat Bauvorhaben von erstklassigen Firmen enthalten. Nach und nach hat sich aber herausgestellt, dass hinter der schönen Fassade vieles faul gewesen ist. Bei einem Objekt ist der Architekt von der Bauherrschaft wegen Bauschäden und mangelhafter Bauführung eingeklagt worden. Bei einem anderen Projekt hat er sogar Hausverbot gehabt, so dass wir das Objekt nur von aussen haben besichtigen dürfen.

Mit Vorteil werden Referenzen daher genauer angesehen. Man muss sicher sein, dass es auch gute Referenzen sind. Besichtigungen vor Ort und Gespräche mit ehemaligen Auftraggebern sind empfehlenswert, um einen objektiven Eindruck von der Güte der Arbeit zu bekommen. Höchste Vorsicht ist geboten, wenn der schludrige Eindruck eines ausgeführten Bauwerks mit fadenscheinigen Ausreden begründet wird. Beliebt ist etwa die Erklärung, dass man halt habe Kosten sparen müssen.

.

Kriterium 4: Kompetenz der Teammitglieder

Die Kompetenz der vorgesehenen Teammitglieder ist entscheidend für ein erfolgreiches, kostengünstiges Projekt. Speziell am Projektleiter hängt sehr viel. Niemand anders als er kann letztendlich verantwortlich sein, dass das Gesamtoptimum bei einer Bauaufgabe erreicht wird. Ist er fähig, die grossen Linien vorzugeben, und kann er sich durchsetzen?

Die architektonische oder planerische Qualität hängt primär von den Fähigkeiten des Entwurfsarchitekten ab. Mit dem Entwurf und der damit verbundenen konstruktiven Bearbeitung werden aber auch weitgehend die Kosten bestimmt. Hat der Entwurfsarchitekt das nötige Bewusstsein für die Kosten?

Für eine kostenbewusste Bauausführung ist im weiteren der Bauleiter verantwortlich. Mit umsichtig erstellten Ausschreibungsunterlagen trägt er dazu bei, dass die Bauleistungen günstig eingekauft werden können. Er sorgt auch für einen friktionsfreien Ablauf auf der Baustelle. Ist er bekannt als zäher Statthalter der Bauherrschaft?

Grundsätzlich ist die Einsatzfreude, die von den Teammitgliedern erwartet werden darf, eine ausserordentlich wichtige Eigenschaft. Hohe Motivation kann eine etwas bescheidene Referenzenliste, die noch keine renommierten Projekte enthält, durchaus aufwiegen.

Ein Indiz für die allgemeine Leistungsfähigkeit einer Planungsfirma kann die Zugehörigkeit zu einem Fachverband wie dem SIA sein (siehe dazu auch Abschnitt 7.1 «Vom uneinheitlichen Berufsstand der Architekten»; Absatz «Mitgliedschaft in Fachverbänden»).

.

Kriterium 5: Höhe des Honorars

Der Preis für die Dienstleistung des Planungsbüros ist nur ein Kriterium unter anderen und keineswegs das entscheidende. Ganz ausser acht lassen soll man es aber auch nicht. Auf die Honorarermittlung gehen wir im Detail im Kapitel 8 ein.

.

7.5 Architekturbüros für unterschiedliche Bauaufgaben

Je nach Situation sind Architekturbüros mit sehr unterschiedlichen Leistungsprofilen für eine bestimmte Bauaufgabe am besten geeignet. Nachfolgend gebe ich einige Hinweise, wie für ausgewählte Projekte das ideale Architekturbüro aussehen kann.

.

Beispiel 1: Neubau eines Einfamilienhauses

Bei diesem ersten Beispiel geht es um ein ganz normales Einfamilienhaus, bei dem die Kosten eine wesentliche Rolle spielen. Objekt der Begierde ist also nicht ein sogenanntes (meist nicht ganz billiges) Designerhaus, wo eine spezielle, oft ausgefallene Ästhetik im Vordergrund steht. Am besten wählt man für ein derartiges konventionelles Wohnhaus ein Architekturbüro, das sich auf diese Bauaufgabe spezialisiert hat. Natürlich kann grundsätzlich jeder Architekt ein Einfamilienhaus bauen, aber die wirklich ökonomischen Lösungen bleiben dem Planer vorbehalten, der sich Jahr und Tag damit befasst. Seine ganze Arbeitsweise ist auf kleinere Projekte ausgelegt. Idealerweise verwendet er immer wieder leicht angepasste Varianten der gleichen erprobten Konstruktionen. Aus langer Erfahrung hat er ein gutes Gefühl für kostengünstige Lösungen und weiss, welche Bauweisen am wenigsten auf Bauschäden anfällig sind. Detailzeichnungen, Werkpläne und Ausschreibungsunterlagen sind bis zu einem gewissen Grad modular. Weil er das Rad nicht ständig neu erfindet, kann er im Normalfall auch bei kleinen Projekten seine Aufwendungen durch das Honorar decken.

Noch einen Schritt weiter gehen die Typenhausanbieter. Die Standardisierung ist hier konsequent zu Ende geführt. Die Bauherrschaft bestellt ganze Bauwerke ab Katalog, wobei in der Regel Anpassungen an Kundenwünsche möglich sind. Die Preise kann sie einer Preisliste entnehmen. – Die Grenzen zwischen Typenhausanbietern und spezialisierten Einfamilienhaus-Architekten sind allerdings fliessend. Auch letztere verfügen teilweise über Kataloge mit typisierten Objekten, und einige bieten sogar komplette Bauwerke pauschal im Werkvertrag an (Generalunternehmer-Prinzip).

Die spezielle Arbeitsweise von Einfamilienhaus-Architekten zeigt sich an einem bezeichnenden Detail: Die Besprechungen mit der Bauherrschaft finden vielfach an Abenden oder an Samstagen statt. Büros dagegen, die vorwiegend Grossaufträge bearbeiten, sind an einen Zeitplan gewöhnt, der sich innerhalb der normalen Geschäftszeiten abspielt.

Anhaltspunkte für die Konzeption des Architektenvertrags sowie die Bemessung des Honorars bei Einfamilienhäusern finden sich im Abschnitt 8.9A «Beispiel Honorarfragen Einfamilienhaus».

.

Beispiel 2: Umbau eines Rusticos im Tessin

Nehmen wir an, Sie haben auf einer Alp in einem Tessiner Bergtal einen baufälligen Stall erworben und möchten diesen zu einer Ferienwohnung umbauen. Sie sind ein kulturell engagierter Mensch und wollen, dass das alte Gebäude durch den Umbau seinen ursprünglichen Charakter behält. Wodurch zeichnet sich das ideale Architekturbüro für diese sehr spezielle Aufgabe aus?

Die idealen Planer beherrschen nicht nur das normale Architektenhandwerk, sie sind eigentliche Spezialisten für Umbauten von historischen Gebäuden. Sie verfügen über ein fundiertes Wissen der lokalen Architekturgeschichte, erworben beispielsweise durch eine Spezialausbildung in Denkmalpflege. Die traditionellen Baukonstruktionen wie Steindächer oder Bruchsteinmauern sind ihnen bestens vertraut. Sie kennen auch die Handwerker, welche die alten Bautechniken noch pflegen. Vor nicht alltäglichen Anforderungen der Bauleitung schrecken sie nicht zurück. Besuche bei abgelegenen Baustellen sind für den Bauleiter kleine Bergtouren, die mit den Plänen im Rucksack unternommen werden.

Berufliche Allrounder mit einer Ausbildung als Architekt sind bei Umbauten, wo relativ viel improvisiert werden muss, die idealen Leute. Sie machen von der Planung bis zur Bauleitung alles selber, wobei sie mit Vorteil in einem kleinen Team arbeiten. Echte Profis kennen sich auf vielen Gebieten, die an die eigentliche Architektentätigkeit angrenzen, aus. Für die Optimierung der Wärmedämmung beispielsweise ziehen sie kaum einen Bauphysiker bei.

Es ist nicht einfach, die wirklich guten Fachleute für die beschriebene Bauaufgabe zu finden. Am besten fragt man herum und vertraut auf persönliche Empfehlungen. Auf Werbung in Zeitungen sollte man skeptisch reagieren. Wer nämlich im Kanton Tessin Planungsaufträge des Staates erhalten will (und die guten Fachleute wollen das), darf keine Werbung betreiben.

Für die Honorierung derart spezieller Planungsleistungen ist meines Erachtens die SIA-Honorarordnung 102 (Kostentarif) nur beschränkt geeignet. Das Honorar wird daher mit Vorteil projektbezogen festgelegt.

.

Beispiel 3: Fabrikerweiterung

Im Vordergrund steht für diese Bauaufgabe ein nicht allzu kleines Architekturbüro, das erfahren ist auf dem Gebiet des Industriebaus. Grosses Gewicht würde ich auf eine effiziente Firmenleitung legen, die weiss, wie kostengünstig geplant und gebaut werden kann. Sie verfolgt das Projekt laufend mit wachem Auge und sorgt dafür, dass es nie vom richtigen Pfad abdriftet.

Meiner Ansicht nach reicht es aus, wenn der grösste Teil der Arbeit von lediglich zwei kompetenten Fachleuten geleistet wird, die sich optimal ergänzen. Die eine Person ist ein möglicherweise jüngerer Allround-Architekt, der sich zuerst mit dem Entwurf befasst und anschliessend mit der Ausführungsplanung. Die andere ist ein gestandener Bauleiter, der seine Pappenheimer kennt und dem man in Sachen Qualität, Kosten und Termine nicht so schnell etwas vormachen kann. Beide arbeiten eng zusammen, idealerweise Tisch an Tisch. Bei Bedarf werden sie von weiteren Fachleuten aus dem Büro unterstützt, insbesondere bei der Zeichenarbeit.

Die Planungskosten sind bei dieser günstigen Ausgangslage (kleines Team, hohe Qualifikation) bescheiden. Die Bauherrschaft kann sich sogar überlegen, die Planungsarbeiten nach Aufwand (im Zeittarif) abzurechnen. Siehe Abschnitt 8.9C «Beispiel Honorare im Zeittarif».

.

Beispiel 4: Verwaltungsgebäude

Ein wichtiger Aspekt ist bei dieser Bauaufgabe eine gewisse gestalterische Handschrift, denn das Gebäude soll in den meisten Fällen eine repräsentative Wirkung ausstrahlen. Ein naheliegender Weg ist daher die Verpflichtung eines renommierten Architekturbüros, das beispielsweise Wettbewerbserfolge bei ähnlichen Aufgabenstellungen aufweisen kann.

Falls die Bauherrschaft (aufgrund konkreter Anhaltspunkte) beim vorgesehenen Büro an der Kompetenz hinsichtlich Kosten und Terminen zweifelt, kann sie dessen Auftragsumfang einschränken. Eine erste Möglichkeit ist die Abspaltung von Kostenplanung und örtlicher Bauleitung vom Gesamtauftrag und der Beizug von ausgewiesenen Spezialisten, denen diese Aufgaben (im Auftragsverhältnis) übertragen werden (siehe Abschnitt 8.8 «Spezielle Vertragsformen; Absatz «B. Abspaltung von Architektenleistungen»). Eine weitere Möglichkeit ist die Bauausführung (im Werkvertrag) durch einen Generalunternehmer (Kapitel 12).


Zurück | Weiter

Inhaltsverzeichnis