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7.6 Auswahl der übrigen Bauplaner

Wenn die Bauherrschaft den Architekten ausgewählt hat, ist der schwierigste Teil der Planerwahl vorüber. Mit dem Architekten hat sie nämlich jetzt einen Treuhänder (bezeichnet als Gesamtleiter) zur Hand, der sie bei der Verpflichtung der übrigen Planer unterstützt. Zu diesen gehören der Bauingenieur, die Haustechnikplaner und allenfalls noch weitere Spezialisten.

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Zum grundsätzlichen Vorgehen

Der Architekt erstellt für die auszuwählenden Planerkollegen die Pflichtenhefte und bereinigt die Schnittstellen zwischen den Planungsleistungen. Dann handelt er mit ihnen die Vertragskonditionen aus. Bei grösseren Projekten empfiehlt es sich, pro Fachgebiet von mehreren Planern Offerten einzuholen. Der Architekt prüft dann die Konkurrenzangebote und unterbreitet der Bauherrschaft einen Vergebungsantrag. Wie beim Architektenvertrag sollten die Honorarkonditionen unbedingt vor Arbeitsbeginn festgelegt werden.

Der Bauherrschaft steht es frei, vor der Auftragserteilung anhand der Vertragsentwürfe mit den Planern noch weitere Verhandlungen zu führen, insbesondere wenn mehrere Angebote vorliegen. Die meisten Bauherren begnügen sich aber damit, die Honorarverträge zu unterzeichnen, die ihnen vom Architekten unterschriftsreif vorgelegt werden. So oder so müssen sie sich nicht um die Details der Vertragsgestaltung kümmern. Darum greifen wir nachfolgend bezüglich der Verpflichtung der übrigen Planer nur einige grundsätzliche Aspekte heraus.

Meistens schliesst die Bauherrschaft mit jedem Planer einzeln einen Vertrag ab. Bei diesem klassischen Verfahren werden die Planer als Einzelleistungsträger bezeichnet. Sie kann die Planungsleistungen aber auch im Paket einkaufen. Man spricht dann vom Generalplanermodell. Darauf werden wir im Kapitel 8 näher eingehen (siehe Abschnitt 8.8 «Spezielle Vertragsformen»; Absatz «A. Das Generalplanermodell»).

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A. Der Bauingenieur – ein unscheinbarer Profi

Der Bauingenieur ist im Hochbau zuständig für die statische Bemessung des Tragwerks. In einem ersten Schritt ermittelt er die Lasten, die auf das Bauwerk einwirken. Normalerweise fängt er beim Dach an und hört beim Fundament auf, weil dieses das ganze Gebäude tragen muss. Dann dimensioniert er die einzelnen Elemente des Tragwerks wie Decken, Stützen oder Bodenplatten, was unter Umständen komplexe Berechnungen erfordert. Getrennt nach Arbeitsgattungen (Beton, Stahl etc.) erstellt er anschliessend die Leistungsverzeichnisse, die als Grundlage für die Offertan-fragen und Werkverträge dienen.

Im Rahmen der Ausführungsplanung fertigt der Bauingenieur die Unterlagen für die Bauausführung an. Dazu gehören Schalungspläne, Armierungspläne oder Bestellisten für die Armierungseisen. Er ist ebenfalls verantwortlich für die Fachbauleitung der Tragwerke. Er kontrolliert beispielsweise, ob der Baugrund unter den Fundamenten tragfähig genug ist oder ob die Armierungseisen richtig verlegt sind.

Unterschiedliche Anforderungen

Die Anforderungen an den Bauingenieur sind je nach Bauaufgabe ausgesprochen unterschiedlich. Höchste Ansprüche an Können und Kreativität stellen vor allem grössere und statisch anspruchsvolle Bauwerke. Es muss nicht gerade ein Wolkenkratzer sein, auch eine 20 Meter hohe Industriehalle mit schweren Laufkranen ist schon schwierig. Es empfiehlt sich, für derartige Aufgaben einen Fachmann zu verpflichten, der einschlägige Erfahrungen hat. Die meisten Ingenieure haben nämlich ihre Spezialgebiete (Grundbau, Stahlbau, Holzbau etc.). Es lohnt sich, dieses Know-how zu nutzen. Allenfalls kann es sogar angezeigt sein, bei grossen Projekten für Teilaufgaben unterschiedlich spezialisierte Ingenieure zu verpflichten.

Bei einfachen Bauaufgaben wie etwa einem Einfamilienhaus dagegen ist die Tätigkeit des Baustatikers routinehaft. Nicht höchstes Können ist hier gefragt, sondern günstige Honorare. Bei Standardleistungen von Bauingenieuren ist das Preisniveau notorisch gedrückt. Am meisten Chancen im Wohnungsbau hat daher ein Anbieter mit einer günstigen Kostenstruktur.

Licht unter dem Scheffel

Im Unterschied zu den Architekten stellen die Bauingenieure in der Regel ihr Licht zu stark unter den Scheffel. Meist merkt die Bauherrschaft gar nicht, über welches Know-how sie verfügen und wie elegant sie ihre High-Tech-Hilfsmittel für ihre Arbeit einsetzen, ohne dies gross herauszustreichen.

Ein eindrückliches Beispiel für die fehlende Selbstinszenierung der Bauingenieure ist der Bau des Centre Pompidou in Paris (Quelle: The Economist, 16. Mai 1998, Seite 107 ff.). Das Grundkonzept des Entwurfs ist im Vorfeld des Wettbewerbs vom wohl bedeutendsten europäischen Ingenieurbüro der Nachkriegszeit entwickelt worden, der Ove Arup Partnership aus England. Für die Ausarbeitung des Entwurfs ist dann zuerst der Architekt Richard Rogers beigezogen worden, dem später auch noch Renzo Piano folgte. Während die beiden Architekten mit diesem un-gewöhnlichen Projekt weltberühmt geworden sind, ist der Name Ove Arup in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt geblieben.

Bescheidene Profis

Gemäss meinen Erfahrungen sind Bauingenieure in der Regel pflegeleichte Planer. Ich könnte keinen anderen Berufsstand im Bauwesen nennen, mit dem ich in der Vergangenheit weniger Probleme gehabt hätte. Bauingenieure sind unspektakuläre Profis, die ihr Handwerk verstehen.

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B. Planer für elektrische Anlagen

Ein weiterer Planungsbereich neben Architektur und Statik ist die Haustechnik, auch als Gebäudetechnik bezeichnet. Mit Vorteil gliedert man dieses weitläufige Gebiet der Ver- und Entsorgung in zwei Teile: der eine Teil umfasst die stromgebundenen Systeme, der andere Teil alles, was mit Wasser und Luft zu tun hat. In diesem Abschnitt befassen wir uns mit dem ersten Teil.

Die Elektroplanung ist innerhalb der Haustechnikplanung eine Welt für sich. Fachlich sind die Planer ganz anders ausgebildet als ihre Kollegen, die mit Wärmetechnik, Sanitär und dergleichen zu tun haben. Das Gebiet der elektrischen Anlagen ist in den letzten Jahrzehnten ständig umfangreicher geworden, und der technische Fortschritt dürfte auch in Zukunft rasant sein. Schlagworte wie «Intelligente Gebäude» oder «Datenautobahnen» lassen erahnen, was an elektrischen Einrichtungen noch alles auf uns zukommen dürfte.

Planungsgebiete

Die Elektroinstallationen werden meistens unterteilt in Anlagen für Stark- und Schwachstrom. Obwohl das Starkstromnetz in der Regel deutlich mehr kostet, ist es ingenieurmässig die einfachere Planungsaufgabe. Grundsätzlich geht es darum, Starkstrom von einer Quelle aus an eine Vielzahl von Endverbrauchern wie Leuchten, Motoren, Steckdosen und so weiter zu verteilen. Komponenten des Starkstromsystems sind unter anderem Trafos, Zähler, Haupt- und Unterverteilungen sowie jede Menge Kabel. Ein wichtiges Teilgebiet der Starkstromplanung ist die Beleuchtung.

Im Gegensatz zur Starkstromplanung umfasst die Schwachstromplanung eine grosse Zahl von vielfach unabhängigen Systemen, teilweise aus dem Gebiet der Hochtechnologie. Vielfach besteht bei den Schwachstromanlagen ein Ermessensspielraum darüber, was als Bestandteil des Gebäudes zu betrachten ist und was zu den Betriebseinrichtungen des Nutzers gehört. Einige Systeme zählen im weiteren Sinn zur Kommunikation, in erster Linie Telefonanlagen und Datennetze. Andere dienen primär Ueberwachungszwecken, etwa Alarm- und Brandmeldeanlagen. Auch die Gebäudeleittechnik als zentrale Überwachung der gesamten Haustechnik ist ein Gegenstand der Schwachstromplanung, allerdings ein sehr spezieller. Bei dieser klassischen Querschnittaufgabe sind die übrigen Haustechnikplaner massgeblich beteiligt, insbesondere die Planer von Heizung und Lüftung.

Leistungsumfang

Analog zu anderen Ingenieurtätigkeiten im Bauwesen beinhaltet die Elektroplanung das ganze Spektrum der Planungsleistungen von Projekt bis Abrechnung. Eine Besonderheit allerdings ist bislang die Art und Weise gewesen, wie die Offerten eingeholt worden sind. Weil die Leistungsverzeichnisse in der Regel sehr voluminös sind, haben die Anbieter meistens nicht individuell kalkulierte Preise für die zahlreichen Einzelpositionen eingesetzt, sondern sind von den Einheitspreisen des Verbandes ausgegangen. Die Angebotssumme (gemäss Verbandspreisen) haben die Anbieter dadurch an die Marktlage angepasst, dass sie den Offertbetrag mit einem Rabattsatz mehr oder weniger stark korrigiert haben. Das «Rechnen» einer Offerte ist dadurch für einen Unternehmer recht einfach gewesen: vielfach hat es ausgereicht, wenn er den Rabatt angegeben hat. – Mit dieser kaufmännischen Usanz soll in Zukunft aus kartellrechtlichen Gründen Schluss sein. Im gesamten Baugewerbe und somit auch bei den Elektroinstallationen ist es in absehbarer Zeit untersagt, mit Verbandspreisen zu kalkulieren.

Bei der Planung der elektrischen Systeme stellen sich vielfältige Optimierungsfragen. Ein Beispiel ist die Konzeption von Datenleitungsnetzen, die gleichzeitig für Telefon und EDV nutzbar sind. Sehr anspruchsvoll ist auch die Auslegung der optimalen Ausbaustufe der Gebäudeleittechnik. Es liegt auf der Hand, dass angesichts der Komplexität der Fragestellungen und des schnellen technischen Fortschritts die fachliche Kompetenz des Elektroplaners bei der Auswahl einen sehr hohen Stellenwert hat.

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C. Planer für Heizung / Lüftung / Sanitär (HLS)

Der andere Teil der Haustechnikplanung neben der Elektroplanung umfasst die Systeme, die vorwiegend auf den Medien Wasser und Luft basieren: Heizung, Lüftung und Sanitär. Leider gibt es keinen geläufigen Begriff für die Gesamtheit dieser Installationen. In der Praxis wird meistens mit Abkürzungen operiert. Man spricht beispielsweise sehr häufig von der HLS-Planung. Jeder im Bauwesen weiss, was darunter zu verstehen ist: Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärplanung. Wenn dann noch ein «K» hinzukommt (HLKS-Planung), weiss der Fachmann, dass auch «Kälte» oder «Klima» ein Thema ist. – Die HLS-Planung hat in den letzten Jahren eine markante Entwicklung durchgemacht, ausgelöst durch den Trend zum Energiesparen.

Planungsgebiete

Im folgenden gehen wir auf die Planungsgebiete Heizung, Lüftung und Sanitär etwas näher ein. Die Fachingenieure der Haustechnik erbringen in der Regel für die ihnen anvertrauten gebäudetechnischen Teilsysteme die üblichen umfassenden Planungsleistungen gemäss der SIA-Honorarordnung 108. Diese beinhalten neben der technischen Konzeption auch Ausschreibung, Fachbauleitung, Rechnungskontrolle und dergleichen.

• Heizungsplanung
Ausgangspunkt ist die Ermittlung des Wärmeleistungsbedarfs. Dieser hängt neben dem beheizten Volumen unter anderem von der Wärmeisolation des Gebäudes sowie Wärmegewinnen durch Sonneneinstrahlung ab. Mit dem errechneten Bedarf als Ausgangsgrösse wird das Heizungssystem konzipiert. Im Wohnungsbau beispielsweise besteht es unter anderem aus den Komponenten Oeltank, Heizkessel, Kamin, Wärmeverteilung und Heizkörpern. Bei zahlreichen Sachfragen stellen sich Optimierungsprobleme, etwa bei der Wahl der Primärenergie (Öl oder Gas) oder der Art der Raumheizung (Radiatoren oder Bodenheizung).
Was im Wohnungsbau noch ziemlich übersichtlich ist, kann bei anderen Bauaufgaben sehr viel komplexer werden. Es ist beispielsweise durchaus möglich, dass eine industrielle Wärmeerzeugung aus mehreren grossen Kesseln besteht, getrennt für Raumheizung und Heisswasser für die Prozesswärme.

• Lüftungsplanung
Das Lüftungssystem wird in erster Linie durch die geforderte Luftqualität bestimmt, ausgedrückt beispielsweise in Luftwechselzahlen (sowie Kühllasten, falls klimatisiert werden soll). Die technischen Komponenten der Lüftung umfassen Zentralen, Kanäle sowie Regel- und Auslassbauteile aller Art. Optimierungsfragen stellen sich beispielsweise bei der Wahl der Luftführung im Raum.

• Sanitärplanung
In das Gebiet der Sanitärplanung fällt mehr, als man vielleicht auf Anhieb vermuten würde. Im Zentrum steht die Ver- und Entsorgung mit kaltem und warmem Wasser einschliesslich der notwendigen Endgeräte. Weniger bekannt ist, dass auch Sprinkleranlagen, Druckluftnetze oder Gasleitungen zur Sanitärplanung gehören.

Auswahlkriterien für HLS-Planer

Bei den Planern für Heizung, Lüftung und Sanitär richtet sich die Auswahl zunächst nach den gleichen Kriterien wie bei den anderen Planern auch. Im Vordergrund stehen etwa die allgemeine Leistungsfähigkeit, spezielle Fachkenntnisse, Referenzen und dergleichen. Die nachfolgenden Gesichtspunkte sind bei der Haustechnik zusätzlich zu berücksichtigen.

• Kriterium 1: Koppelung von Planungsleistungen
Die Planungsgebiete Heizung, Lüftung und Sanitär sind eng verwandt miteinander. Besonders enge Beziehungen bestehen zwischen Heizung und Lüftung. Wenn warme Luft weggelüftet wird, muss sie in Form von Heizenergie wieder zugeführt werden. Es ist deshalb naheliegend, beide Gebiete zusammen zu betrachten. Manchmal sind die Systeme für Heizung und Lüftung sogar identisch. Beispielsweise gibt es Heizungen für Hallen, die zugleich Lüftungen sind: zwei Funktionen mit der genau gleichen Hardware.

Etwas weniger eng ist die Beziehung zwischen Sanitär und Heizung. Allerdings gibt es auch hier Berührungspunkte. Die Kunststoffleitungen in Betondecken für Heizung und Sanitär beispielsweise sind äusserlich praktisch gleich. Die Sanitärleitungen bestehen lediglich aus einer etwas höheren Qualität. Der Schluss liegt deshalb nahe, dass gleichartige Bauteile auch von den gleichen Fachleuten geplant werden sollen.

Es stellt sich nun für die Bauherrschaft die Frage, ob sie die verwandten Planungsleistungen einzeln von unabhängigen Firmen oder gekoppelt vom gleichen Anbieter verpflichten will. Beides ist möglich. Der erste Fall dürfte der häufigere sein. Zunehmend setzt sich aber die zweite Variante durch. Persönlich bin ich der Auffassung, dass eine paketweise Verpflichtung grosse Vorteile bringt und zu empfehlen ist. Ich habe durchwegs gute Erfahrung gemacht damit. Die Planungsgebiete sind nämlich derart eng miteinander verknüpft, dass in vielen Fällen eine effiziente Planung sonst gar nicht möglich ist. Insbesondere die Koordination wird ungemein erleichtert, wenn gegenseitig abhängige Planungen in der gleichen Firma und am gleichen Ort bearbeitet werden. Bei der Besprechung der Fachkoordination (siehe Abschnitt 7.7 «Die Projektorganisation»; Absatz «Die Fachkoordination») werden wir auf diesen Aspekt zurückkommen. – Der Markt reagiert auf die zunehmende Nachfrage nach gekoppelten Haustechnik-Planungsleistungen, indem laufend mehr Firmen die ganze Bandbreite von HLS abdecken.

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• Kriterium 2: Qualitätssicherung
Das Qualitätsbewusstsein der Bauherren hat in letzter Zeit erheblich zugenommen. Von allen Planern am meisten betroffen davon sind vermutlich die HLS-Planer. Der Kunde will sich nicht mit einer unverbindlichen Zusicherung zufriedengeben (und sei sie noch so begründet), dass der Planer sein Metier beherrsche. Er will den Nachweis, dass eine technische Lösung die versprochene Leistung tatsächlich erbringt, schwarz auf weiss. Das Instrument dazu ist die «Projektbezogene Qualitätssicherung». Es empfiehlt sich, bei der Auswahl von Planern für die Haustechnik darauf zu achten, dass sie mit den Instrumenten der projektbezogenen Qualitätssicherung (siehe Abschnitt 5.3 «Projektbezogene Qualitätssicherung») vertraut sind.

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• Kriterium 3: Unabhängigkeit von Ausführungsfirmen
Es ist im Bauwesen vielfach problematisch, wenn Planungsfirmen zu ausführenden Unternehmen gehören und dadurch von ihnen abhängig sind. Eine wirklich neutrale Planung ist so nur beschränkt möglich. Es besteht die Gefahr, dass Projekte ausgearbeitet werden, die nicht ausschliesslich den grössten Gesamtnutzen für den Kunden im Auge haben. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Gerätetyp nur darum gewählt wird, weil mit einem Lieferanten aus einem Gegengeschäft eine Abnahmevereinbarung besteht. All das weiss die Bauherrschaft nicht.

Etwas anders ist der Fall bei sehr speziellen oder komplexen Aufgaben, etwa im Anlagenbau. Hier kann es vorteilhaft sein, wenn Planung und Ausführung aus der gleichen Hand kommen. Bei den üblichen Haustechnikprojekten jedoch scheint mir dies nicht gegeben zu sein.

Problematisch ist es vor allem bei einfachen Kleinprojekten wie Einfamilienhäuser, wenn die Planung nicht völlig unabhängig ist, sondern von einer Ausführungsfirma erbracht wird. Bei jeder Bauaufgabe muss sich nämlich jemand seriös um die Haustechnikplanung kümmern. Sie fällt nicht als Gratisbeilage eines Unternehmerangebots ab. Es empfiehlt sich daher, auch für kleine Projekte unabhängige Planer zu konsultieren. So hat man eine reelle Chance, aus einem mitunter grossen Spektrum von Möglichkeiten die beste Lösung präsentiert zu bekommen. Näheres siehe Abschnitt 8.9A «Beispiel Honorarfragen Einfamilienhaus» im Kapitel 8.

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Berater? Achtung!

Bei vielen Projekten sind neben den üblichen Planern für Architektur, Statik und Haustechnik noch sogenannte Berater notwendig. In der Regel ordnet der Gesamtleiter an, zusätzliche Fachleute beizuziehen. Gemäss Auftragsrecht ist er dazu verpflichtet, wenn er selber oder ein Mitglied des Planungsteams eine Sachfrage nicht beherrscht. Meistens ist es daher durchaus vernünftig und vielfach sogar zwingend notwendig, wenn je nach Aufgabe Fachleute wie Geologen, Beleuchtungsplaner, Akustiker, Innenarchitekten oder Fassadenplaner mit Einzelaufgaben betraut werden.

Manchmal gibt es aber auch fragwürdige Einsätze. Fragwürdig ist ein Beraterauftrag dort, wo an und für sich der Architekt oder ein Fachplaner selber kompetent sein sollte. Zusätzliche Spezialisten verteuern nämlich schlicht die Planung. Spezielle Vorsicht empfehle ich bei Bauphysikern. Gemäss meinen Erfahrungen arbeiten nicht alle rationell. So wie die Bauingenieure das beste Preis-Leistungs-Verhältnis unter den Planern erreichen, haben die Bauphysiker (viele sind übrigens gelernte Bauingenieure) eines der schlechtesten.

Ein unerfreuliches Beispiel

Ein krasser Fall des fragwürdigen, teuren Einsatzes eines Bauphysikers ereignet sich bei der Planung eines Verwaltungsgebäudes. Es geht um folgende einfache Frage: Ist es unter den gegebenen Randbedingungen von Bau und Nutzung möglich, bei der vorgesehenen einfachen Raumlüftung auf eine zusätzliche Kühlung zu verzichten? Normalerweise bearbeitet der Fachplaner für Heizung und Lüftung dieses Thema. Aus einem Grund, der mir nicht bekannt ist, wird aber ein Bauphysiker beigezogen. Der Bauphysiker nimmt die Frage dankbar entgegen und stürzt sich sofort in die Arbeit. Er produziert Berge von Diagrammen und Tabellen und trägt sie nach einer gewissen Zeit dem Auftraggeber ausführlich vor. Am Schluss wagt die Bauherrschaft nochmals kleinlaut zu fragen, ob denn nun die Kühlung nötig sei. Soooo einfach sei diese Frage nicht zu beantworten, meint treuherzig der Bauphysiker … – Besonders unerfreulich wird die Sache nach dem Erhalt der Honorarrechung. Es ist keine Seltenheit, dass der Bauphysiker den höchsten Stundenansatz aller Projektbeteiligten hat, Chefarchitekt und Gesamtleiter inbegriffen.

Es geht auch effizienter

Bei einem ganz normalen Bauingenieur könnte der ineffiziente Bauphysiker lernen, was kundenfreundliche Planung ist. Nehmen wir an, für den Umbau eines Hauses wird ein Bauingenieur als Experte für die Statik beigezogen. Eine typische Frage an den Statik-Experten lautet beispielsweise, ob eine bestehende Decke eine zusätzliche Last aushalte. Diese Aufgabe ist möglicherweise ganz komplex: Der Statiker füttert Computer, erstellt Diagramme und Tabellen und so weiter. Mit dem allem wird aber der Kunde nicht belästigt. Dafür erhält er am Schluss eine klare Antwort auf die Frage, die ihn interessiert.

Schutzmassnahmen

Gemäss der SIA-Honorarordnung 102 werden die Beraterhonorare nach vorgängiger Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Architekt aufgeteilt (Art. 7.16.3 SIA 102). In der Praxis bleibt allerdings vielfach alles an der Bauherrschaft hängen, speziell dann, wenn sie nicht sachkundig ist.

Bei Beratern wie Bauphysikern, wo der zeitliche und finanzielle Aufwand ausufern kann, muss sich die Bauherrschaft absichern. Das Budget sollte limitiert werden. Noch besser ist es, für genau bestimmte Aufgaben Konkurrenzofferten einzuholen und die Beratungsleistung pauschal zu vergeben. Am besten überhaupt ist es, wenn sich ein entsprechend qualifizierter Planer aus der vorhandenen Projektorganisation der Aufgaben annimmt und keine zusätzlichen Beraterhonorare entstehen.

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7.7 Die Projektorganisation

Bei jedem Projekt muss festgelegt werden, worin die Aufgaben der diversen Beteiligten an der Projektarbeit bestehen. Es braucht auch Vereinbarungen darüber, wie die Teammitglieder zusammenarbeiten und wie das Projekt geführt wird. Zu diesem Zweck stellt man ein mehr oder weniger umfassendes System von Spielregeln auf, etwa über Entscheidungsfindung, Informationsflüsse, Protokollwesen und vieles andere mehr. Die Gesamtheit dieser Vereinbarungen bezeichnet man als Projektorganisation. In diesem Abschnitt befassen wir uns näher damit.

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Das Organigramm

Eines der zentralen Instrumente der Projektorganisation ist das Organigramm. Es gibt Aufschluss über die Aufbauorganisation und damit die hierarchische Gliederung der Projektbeteiligten. Bei vielen kleineren und mittleren Projekten beschränkt sich die Projektorganisation in erster Linie auf das Organigramm. Die übrigen Vereinbarungen organisatorischer Art werden mehr oder weniger stillschweigend getroffen.

Das Organigramm eines Projektes ist völlig anders zu interpretieren als etwa eine Aufbauorganisation im Militär. Das militärische Denken ist geprägt von Begriffen wie Kommandolinien und Dienstwegen. Projekte jedoch beinhalten komplexe, vielschichtige, kreative und zuweilen auch chaotische Prozesse. Das Organigramm bei Projekten kann daher nicht mehr als nur ein ganz grobes Abbild der Wirklichkeit sein.

Am Schluss dieses Abschnittes diskutieren wir anhand einer einfachen und einer komplexeren Bauaufgabe zwei typische Beispiele von Projektorganigrammen. Zunächst betrachten wir einige organisatorische Aspekte näher, die charakteristisch sind für Projekte im Bauwesen. Sie betreffen die Gesamtleitung, die Fachkoordination sowie die Stellung der Bauherrschaft im Planungsteam.

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Die Gesamtleitung (Projektleitung)

Wir haben schon früher erwähnt, dass im Bauwesen die Projektleitung eines Bauvorhabens als Gesamtleitung bezeichnet wird. In den einschlägigen SIA-Honorarordnungen (SIA 102, 103 und 108) ist ausschliesslich von Gesamtleitung die Rede. Der Gesamtleiter ist der Chef des Planungsteams. Er ist somit die wichtigste Vertrauensperson der Bauherrschaft. Im Hochbau ist in den meisten Fällen der Architekt der Gesamtleiter.

Es gibt verschiedene Nuancen, wie der Architekt als Gesamtleiter seine Projektführungsfunktion interpretieren kann: er kann das Planungsteam entweder dominieren oder eher moderierend wirken.

Fall A: Architekt als Dominator

Bei dieser Interpretation der Rolle der Gesamtleitung hat bei den Planungsentscheiden ausschliesslich der Architekt das Sagen. Aesthetische Gesichtspunkte haben höchste Priorität. Die Spielräume für Bauingenieur und Haustechniker sind klein. Mitunter pfuscht der Architekt sogar den Betriebsplanern ins Handwerk. Diese kompromisslose Grundhaltung ist nicht gerade förderlich, um für eine Bauaufgabe das Gesamtoptimum zu erreichen. In extremen Fällen kann man den Architekten fast als Diktator bezeichnen.

Die Gesamtleitung durch überaus dominante Architekten ist etwas antiquiert und heute nicht mehr so verbreitet. Architekten, die als Gesamtleiter ästhetische Belange über alles stellen, haben das Aufkommen von Totalunternehmern ungemein gefördert. Totalunternehmer können mit Leichtigkeit nachweisen, dass viele Bauprojekte derartiger Architekten beispielsweise hinsichtlich der haustechnischen Belange alles andere als optimal sind.

Fall B: Architekt als Moderator

Bei dieser Interpretation der Projektführungsrolle ist der Architekt als Gesamtleiter gegenüber den anderen Planern ein «Primus inter pares» (Erster unter Gleichen). Er führt zwar, aber nur sehr schwach. Konsens geht über alles. Niemand im Projektteam darf sich überfahren vorkommen. Die Anforderungen von Statik und Haustechnik werden so lange diskutiert, bis eine allseits befriedigende Lösung gefunden werden kann. Vor allem die Haustechniker sehnen sich nach einem Gesamtleiter, der in erster Linie als Moderator wirkt. Am liebsten hätten sie für diese Funktion nicht einen Architekten, sondern einen Betriebspsychologen mit Spezialgebiet Gruppendynamik. Weil sie sich jahrzehntelang unterjocht gefühlt haben, möchten sie endlich ernst genommen werden.

Die Synthese

Welche Interpretation der Gesamtleitung ist besser? Meiner Ansicht nach braucht es beides, eine starke Führung und gleichzeitig viel Dialog. Ich kann mir kein Projekt vorstellen, das ohne straffe Leitung zu einem befriedigenden Resultat kommt. Jedes erfolgreiche Projekt hat ein Management mit Visionen, Zielen und Kompetenzen, sei es in der Softwarebranche, in der Investitionsgüterindustrie oder eben im Bauwesen. Gleichzeitig ist aber auch ein erhebliches Mass an Kommunikation nötig. Eine überzeugende Lösung als Summe der Beiträge von mehreren Planern muss in einem mühsamen Prozess errungen werden. Für die Gesamtleitung ist somit ein führungsstarker Kommunikator gefragt. Er ist dialogfähig, und er vermittelt. Mit anderen Worten: er ist ein echter Generalist.

Wie jede Art von Führung ist auch die Führung eines Bauprojektes sehr vielschichtig. Scheinbar widersprüchliche Forderungen wie straffe Führung einerseits und offene, vorurteilslose Kommunikation andererseits müssen unter einen Hut gebracht werden. Lernen kann man das nur beschränkt. Entweder man hat es – oder man hat es nicht.


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Die Fachkoordination

Gegenstand der Fachkoordination ist die Abstimmung und Optimierung der haustechnischen Systeme. Die traditionell starke Aufsplitterung der Haustechnikplanung auf diverse Einzelleistungsträger ist die Ursache, dass sich die Fachkoordination als mehr oder weniger eigenständige Unterdisziplin der Projektführung entwickelt hat.

Die Fachkoordination kann man in zwei Gebiete unterteilen, die technische und die räumliche Koordination. Bei der technischen Koordination werden die Teilgebiete der Haustechnik wie Heizung, Lüftung oder Kühlung funktionell aufeinander abgestimmt. Das gekoppelte System ist so zu optimieren, dass die angestrebten Ziele möglichst gut erreicht werden. Diese können Aspekte beinhalten wie Betriebskosten, Investitionen oder technische Leistungsmerkmale. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei den Zielen Prioritäten gesetzt werden müssen. Beispielsweise kann ein sehr hochwertiges Raumklima mit im Jahresverlauf annähernd konstanter Raumtemperatur nicht mit minimalen Investitionen erreicht werden.

Das zweite Gebiet der Fachkoordination ist die räumliche Koordination. Hier geht es darum, die «Hardware» der haustechnischen Installationen optimal im Gebäude anzuordnen. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Koordination der Leitungsführung, in horizontaler (Installationstrassen) und vertikaler Richtung (Steigzonen).

Die «Besondere Fachkoordination»

Traditionellerweise wird die Fachkoordination vom gesamten Planungsteam unter der Leitung des Gesamtleiters (meist Architekt) erbracht. In den SIA-Honorarordnungen 102, 103 und 108 ist dies der Normalfall. Bei sehr komplexen Projekten sehen die Honorarordnungen aber vor, dass ein Spezialist für die Fachkoordination eingesetzt werden kann, der «Besondere Fachkoordinator». Für diesen Fall gibt es eine spezielle Empfehlung des SIA, die Empfehlung 111/3 (Besondere Fachkoordination für Gebäudeinstallationen, Leistungen und Honorierung, 1991).

Was ist von der Konzentration der Fachkoordination in einer Hand zu halten? Bei wirklich komplexen Projekten kann sicher nichts dagegen eingewendet werden, wenn sich eine spezialisierte Fachperson mit den Schnittstellen von an und für sich schon komplizierten Teilsystemen beschäftigt. Es ist unbestritten, dass es auf dem Gebiet der Haustechnik viel zu koordinieren gibt und dass diese Aufgabe anspruchsvoll ist. Die meisten Architekten sind überfordert, in solchen Fällen die Fachkoordination federführend zu leiten.

Bei einfacheren Projekten allerdings ist der Einsatz eines Besonderen Fachkoordinators nicht unproblematisch. Meines Erachtens besteht nämlich latent die Gefahr, dass er sich nicht mit der Funktion einer Stabstelle zufriedengibt, die in der Empfehlung 111/3 für ihn vorgesehen ist (Variante A in der Abbildung). Er möchte gleich die Führung der gesamten Haustechnikplanung beanspruchen (Variante B in der Abbildung). Was in der Theorie und auf dem Papier ein grosser Schritt sein mag, der Wechsel von einer beratenden Stabstelle in eine echte Führungsfunktion, ist in der Praxis sehr schnell geschehen. Plötzlich gibt es zwischen Gesamtleitung und Haustechnikplanern eine zusätzliche Führungsstufe. Je nach Qualifikation des Fachkoordinators kann dies negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima innerhalb der Haustechnikplanung haben. Es ist beispielsweise nicht sehr motivierend für einen hervorragenden Elektroplaner, wenn ein Besonderer Fachkoordinator, der von Haus aus vielleicht Sanitärplaner ist und von Strom nichts versteht, den direkten Weg zur Gesamtleitung und zur Bauherrschaft unterbindet.

Überall in der Wirtschaft zeigt sich der Segen von flachen Hierarchien und kurzen Wegen für Führung und Kommunikation. Wieso soll das für die Bauplanung nicht gelten? Aus diesem Grund ziehe ich im Zweifelsfall eine Lösung ohne Besonderen Fachkoordinator vor.

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Der Besondere Fachkoordinator im Organigramm

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Fachkoordination – der einfache Weg

Am elegantesten kann meines Erachtens die Fachkoordination gelöst werden, wenn die Planung für Heizung, Lüftung und Sanitär (HLS) gekoppelt von der gleichen Firma erbracht wird. Unter dieser Voraussetzung müssen für die gesamte Haustechnikplanung nur zwei Firmen beauftragt werden: eine für die Elektro- und eine für die HLS-Planung. Der grösste Teil aller Koordinationsaufgaben wird bei diesem Vorgehen innerhalb der Firma für HLS-Planung abgedeckt. Wie sie das im Detail macht, bleibt ihr überlassen. Vielfach ist der Heizungsplaner federführend für die HLS-Planung, und er kümmert sich primär um die Koordinationsfragen. Als zusätzliche Koordination bleibt lediglich die Abstimmung mit dem Elektroplaner und dem Architekten übrig. Dafür braucht es im Normalfall keinen Besonderen Fachkoordinator.

Die Konstellation mit nur zwei Firmen für die Haustechnikplanung weist viele Vorteile auf, und ich habe damit gute Erfahrungen gemacht.

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Die Bauherrschaft als Mitglied des Planungsteams

Die Aussage mag auf den ersten Blick verblüffen, dass die Bauherrschaft als Teil des Planungsteams zu verstehen sei. Auf dem Organigramm ist die Bauherrschaft zuoberst dargestellt. Es ist klar, dass alle wesentlichen Entscheide von ihr gefällt werden. Aber hat sie auch etwas mit der Planung zu tun? Bei dieser Frage zeigt es sich deutlich, dass ein Organigramm nur ein abstraktes Abbild der Wirklichkeit ist.

Es gibt diverse Bauherrschaften, die aktiv die Lösungssuche und die Entscheidungsvorbereitung verfolgen. Sie wollen sehen, wie die Konzepte entwickelt und aufeinander abgestimmt werden. Es ist wie in einem Parlament: Das wirklich Interessante passiert nicht im grossen Plenum, sondern im trauten Kreis der Kommissionen. Die Lösung entsteht bei der Vorberatung und nicht bei der Schlussabstimmung.

Daraus darf man nicht schliessen, dass ein Delegierter der Bauherrschaft an allen Planungsbesprechungen präsent sein müsse. Einige ausgewählte Koordinationssitzungen des Planungsteams genügen zu diesem Zweck vollauf. Die Bauherrschaft tut gut daran, diesen Aufwand auf sich zu nehmen und damit temporär zu einem Mitglied des Planungsteams zu werden. Mit dieser Vorinformation wird die spätere Entscheidungsfindung im Entscheidungsgremium viel einfacher.

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Beispiel 1: Projektorganisation eines einfachen Projektes

Die Projektorganisation in diesem ersten Beispiel ist eine der häufigsten überhaupt im ganzen Bauplanungsgewerbe. Das Planungsteam besteht aus lauter unabhängigen Planungsfirmen, sogenannten Einzelleistungsträgern: dem Architekten, dem Bauingenieur und drei Planern für die Haustechnik (Heizung, Sanitär und Elektro). Da bei einfachen Projekten die Lüftungsanlagen meist von untergeordneter Bedeutung sind (z. B. nur Entlüftung von innenliegenden Sanitärräumen), überträgt man die entsprechenden Planungsarbeiten vielfach dem ohnehin vorhandenen Heizungsplaner.

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Projektorganisation eines einfachen Projekts

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Gesamthaft kommen wir auf fünf unabhängige Planungsfirmen, die zusammen das Planungsteam bilden. Je nach Bauaufgabe können noch Fachleute wie Geologen oder Bauphysiker das Team ergänzen, wobei diese Einsätze meistens zeitlich beschränkt sind. Der vorwiegend temporäre Charakter dieser Beratungstätigkeit wird dadurch unterstrichen, dass die entsprechenden Leistungen als Stabsfunktionen im Organigramm eingetragen sind.

Normalerweise ist der Architekt der Gesamtleiter des Planungsteams. Er erscheint somit an zwei Stellen im Organigramm, als Gesamtleiter sowie als Fachplaner für den Planungsbereich der Architektur. In einem gewissen Sinn überwacht er sich dadurch selber. Die Fachkoordination als Teil der Projektführung wird vom gesamten Planungsteam unter der Leitung des Gesamtleiters erbracht. Demzufolge gibt es im Organigramm keinen sogenannten «Besonderen Fachkoordinator».

Im Beispiel nimmt der Nutzer oder Investor die Bauherrenfunktionen selber wahr, was bei nicht allzu komplexen Projekten häufig der Fall ist. Die Bauherrschaft ist nur sporadisch auf externe Unterstützung angewiesen, selbst dann, wenn sie nicht sachkundig ist. Sie kann darauf vertrauen, dass der Architekt als Gesamtleiter sie nach bestem Wissen und Gewissen in allen Belangen berät. Die fallweise Beratung der Bauherrschaft durch einen aussenstehenden Fachmann ist im Organigramm als Kästchen dargestellt, das neben der Führungslinie angeordnet ist. In der Baubranche wird diese Art der Beratung etwa als «Einflüsterungs-Projektmanagement» bezeichnet (siehe Abschnitt 13.3 «Externe Unterstützung»; Absatz «Varianten der Bauherrenberatung»). Der Projektmanager tritt gegenüber den beauftragten Planern nicht als ständiger Vertreter der Bauherrschaft in Erscheinung, sondern zeigt sich nur fallweise oder bleibt sogar gänzlich unsichtbar.

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Beispiel 2: Projektorganisation eines komplexen Projektes (Industriebau)

Beim folgenden Beispiel gehen wir davon aus, dass ein etabliertes Industrieunternehmen eine bauliche Erweiterung realisieren will. Die Bauherrschaft führt die betriebliche Planung selber durch, weil sie bei früheren Gelegenheiten mit dieser Methode gute Erfahrungen gemacht hat. Für die baulichen Belange wird ein Team von lokalen Bauplanern beigezogen, das man aus anderen Aufgaben bereits kennt.

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Projektorganisation eines komplexen Projektes

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Bei dieser Ausgangslage zeichnet sich die Projektorganisation dadurch aus, dass Bauplanung und Betriebsplanung als zwei weitgehend autonome Planungsgebiete betrachtet werden. Sie erscheinen im Organigramm als nebeneinander angeordnete, gleichwertige Blöcke. Sie stellen zwei völlig verschiedene Welten dar. Das betriebliche Geschehen ist in schnellem Wandel begriffen, und je nach Branche gibt es gelegentlich nicht vieles, was als gesicherte Erkenntnis gelten kann. Die Bauplanung dagegen ist weitgehend standardisiert, und der technische Fortschritt ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, eher gemächlich (siehe auch Abschnitt 2.2 «Die drei Trümpfe der freien Planer»; Absatz «Bauen ist (relativ) einfach»).

Die übergeordnete Führungsstelle, welche die betrieblichen und baulichen Planungsgebiete zusammenbringt, wird im Organigramm als Projektmanagement bezeichnet. Diese oberste Projektleitung ist eine Bauherrenaufgabe. Der (bauherrenseitige) Projektmanager kann aus der Stammorganisation der Bauherrschaft stammen, aber auch ein externer, im Auftragsverhältnis honorierter Fachmann ist denkbar (siehe Abschnitt 13.3 «Externe Unterstützung»; Absatz «Varianten der Bauherrenberatung»). In jedem Fall soll er unabhängig von den Bauplanern sein. Dadurch ist gewährleistet, dass er nicht Diener zweier Herren ist und ausschliesslich die Interessen der Bauherrschaft vertreten kann.

Innerhalb des Teilprojektes «Bauplanung» ist, wie im Beispiel 1, der Architekt der Gesamtleiter. Unterschiedlich ist aber die Zusammensetzung der Leistungsträger für die Planung der einzelnen Fachgebiete. Neben dem Elektroplaner wird für die Haustechnik nur eine einzige weitere Firma beauftragt, die das gesamte Paket Heizung / Lüftung / Sanitär abdeckt. Im Hinblick auf die Fachkoordination (siehe Absatz «Die Fachkoordination»; etwas weiter oben in diesem Abschnitt) ist diese Konstellation sehr günstig.


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