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Kommentar zur digitalen Neuausgabe 2019 von «Günstiger bauen»
(20 Jahre nach der erstmaligen Publikation)
Im Kapitel 9 geht es um den ganzen Planungsablauf bei einem Bauvorhaben, betrachtet aus der Sicht der Bauherrschaft. Im Zentrum des Interesses steht dabei der Aspekt des Kostensparens.
Die Sparpotentiale beim Planen können in vier Sachgebiete gegliedert werden, bezeichnet als Kreise des Sparens. Konkret geht es dabei um den Entwurf, die Konstruktion, das Energiekonzept und die Optionen. Zusätzlich behandelt werden Sparmöglichkeiten beim Einfamilienhaus.
Grundsätzlich sind aus meiner Sicht die Darlegungen weitgehend zeitlos und somit auch heute noch lesenswert. Auf nicht mehr aktuelle Teile der Darstellung gehe ich nachfolgend ein.
Die Beschreibung des generellen Planungsablaufs (Abschnitt 9.1: «Vom Vorprojekt zur Baueingabe») basiert noch auf der Ausgabe 1985 der SIA-Honorarordnung 102. Heute jedoch (2019) ist die Ausgabe 2014 massgebend. Die zwischenzeitlichen Änderungen sind aus meiner Sicht aber nicht so bedeutend. Der generelle Planungsablauf ist mehr oder weniger noch gleich.
Die Sparpotentiale beim Planen würde ich heute immer noch gleich anhand der vier Kreise des Sparens gliedern (Abschnitt 9.2).
Die Beschreibung des ersten Kreises des Sparens, des Entwurfs (Abschnitt 9.3A), ist unverändert aktuell. Das gleiche gilt für den zweiten Kreis, die Konstruktion (Abschnitt 9.3B).
Beim dritten Sparkreis, dem Energiekonzept, sieht es etwas anders aus. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Energiewesen in der Bauwirtschaft stark entwickelt. Den Abschnitt 9.3C würde man daher heute wohl anders konzipieren.
Die Ausführungen zum vierten Sparkreis über Optionen (Abschnitt 9.3D) wiederum sind aus meiner Sicht zeitlos gültig.
Der Abschnitt 9.4 über das Einfamilienhaus kann gemäss meiner Einschätzung auch heute noch mit Gewinn gelesen werden. Die genannten konkreten Kostenangaben sind natürlich nicht mehr aktuell, aber die meisten Grundaussagen zum Planen und Sparen sind unverändert zutreffend. Revisionsbedarf erkenne ich am ehesten bei den Betrachtungen zur Energieproblematik beim Einfamilienhaus.
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Inhalt Kapitel 9:
9.1 Vom Vorprojekt zur Baueingabe
9.2 Die vier Kreise des Sparens beim Planen
9.3A Der Entwurf
9.3B Die Konstruktion
9.3C Das Energiekonzept
9.3D Optionen
9.4 Annex: Planen und sparen beim Einfamilienhaus
Nach der Projektdefinition und der Auswahl der Planer beginnt die Planungsphase. Jetzt bekommt das Bauvorhaben seine Form, es wird «entworfen». Auf der Basis des Pflichtenhefts (Raumprogramms) wird das Projekt in mehreren Stufen soweit konkretisiert, bis die Baueingabe eingereicht werden kann.
In der Planungsphase können durch ein zielgerichtetes Vorgehen die Kosten des Bauvorhabens in einer grossen Bandbreite beeinflusst werden. Wir gehen in diesem Kapitel darauf ein, welchen Beitrag die Bauherrschaft zu einem kostenoptimalen Bauprojekt leisten kann und worauf sie besonders achten sollte. Wenn die Bauherrschaft ernsthaft interessiert ist an günstigen Baukosten, kann es beim Beginn der Planungsphase nur heissen: jetzt oder nie.
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9.1 Vom Vorprojekt zur Baueingabe
Die Planungsphase ist nicht so einfach von der Realisierungsphase zu trennen, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Geplant wird nämlich teilweise noch lange während der Bauausführung. Ein Ausführungsplan für eine Deckenverkleidung beispielsweise kann durchaus auch dann noch erstellt werden, wenn am Rohbau bereits intensiv gearbeitet wird.
In den SIA-Honorarordnungen 102 ff. markiert der Kostenvoranschlag den Abschluss der Planungsphase. In der Vergangenheit ist es üblich gewesen, dass erst mit dem Kostenvoranschlag und somit nach der Baueingabe die Kosten einigermassen zuverlässig haben ermittelt werden können. Heute jedoch setzen sich zunehmend neue Methoden der Kostenplanung durch, mit denen die Kosten bereits vor der Baueingabe genügend genau abgeschätzt werden (siehe Kapitel 10). Die Folge davon ist, dass der Kostenvoranschlag zeitlich nach hinten verschoben wird. Meines Erachtens wäre es daher zulässig, ihn nicht mehr als Instrument der Planung zu betrachten, sondern als Instrument der Bauausführung.
Abgesehen von dieser nicht allzu bedeutenden Streifrage über die Stellung des Kostenvoranschlages ist klar, dass die Baueingabe die entscheidende Zäsur ist, die die Planung von der Ausführung trennt. Mit eingereichter Baueingabe ist das Projekt juristisch weitgehend verbindlich geplant. Grössere Aenderungen sind nun nicht mehr so ohne weiteres möglich.
Im folgenden betrachten wir die typischen Aufgaben des Architekten in der Planungsphase näher. Wir halten uns dabei an die nach wie vor sehr verbreitete SIA-Honorarordnung 102. Auf andere SIA-Ordnungen gehen wir nicht weiter ein, welche die parallel dazu ablaufenden Tätigkeiten der Spezialisten (Planer für Statik und Haustechnik) regeln. Gemäss der SIA-Honorarordnung 102 ist die Planungsphase weiter unterteilt in die Vorprojekt- und die Projektphase.
In Absprache mit dem SIA verzichten wir darauf, längere Abschnitte aus dem Leistungsbeschrieb (Art. 4 SIA 102) wörtlich zu zitieren, da es nicht ausgeschlossen ist, dass sich dieser im Laufe der Zeit ändert. Bei Vertragsverhandlungen ist also die jeweils gültige Fassung der SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) zu konsultieren.
Die Gewichtung der einzelnen Teilleistungen im Rahmen des Gesamtleistung des Architekten ist in der Leistungstabelle aufgeführt (siehe Abschnitt 8.3 «Die Honorarberechnung im Kostentarif; Leistungstabelle»).
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Phase 1: Die Vorprojektphase
Die Vorprojektphase ist die eigentlich kreative Phase bei der Planung. Das Raumprogramm wird in einem anspruchsvollen Prozess in eine bauliche Lösung in Rohfassung umgesetzt. Unter der Leitung des Architekten ist das ganze Planungsteam daran beteiligt.
Problemanalyse
Die erste Teilleistung ist die Problemanalyse (Art. 4.1.1 SIA 102). Der Architekt macht sich mit den Absichten des Auftraggebers vertraut und sammelt die notwendigen Arbeitsunterlagen (Raumprogramm etc.). Er schätzt grob ab, ob das gewünschte Programm auf dem vorgesehenen Grundstück realisierbar ist. Dabei berücksichtigt er Randbedingungen aller Art (Gesetze, Servitute etc.). Im weiteren schlägt er dem Auftraggeber vor, welche zusätzlichen Planer beigezogen werden sollen (Bauingenieur, Haustechnikplaner etc.).
Das Pflichtenheft ist die Vorgabe der Bauherrschaft für die Projektentwicklung. Seine Erarbeitung ist keine Grundleistung des Architekten. Er ist zu entschädigen, wenn er an Teilen davon mitarbeitet (Raumprogramm, Betriebsanalysen, Investitionsrechnungen, Marktabklärungen und dergleichen mehr). Ebenfalls separat zu bezahlen sind Gelände- und Gebäudeaufnahmen, die recht aufwendig sein können.
Studium von Lösungsmöglichkeiten
In dieser nächsten Teilleistung (Art. 4.1.2 SIA 102) geht es darum, verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu prüfen und sich allmählich an die beste heranzutasten. Der Architekt zeichnet «eine oder mehrere» Varianten in Skizzenform auf. Die zentralen Arbeitsmittel dafür sind traditionellerweise transparentes Skizzenpapier und weiche, dicke Bleistifte. Möglicherweise wird auch ein Arbeitsmodell erstellt, beispielsweise mit Plastilin oder Karton.
Für die Baukosten der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten wird nur die Grössenordnung geschätzt. Die Schwankungsbreite der Kostenaussage wird nicht explizit angegeben, die Ungenauigkeit dürfte aber +/- 30% und mehr betragen. Basis der Kostenermittlung sind meistens kubische Berechnungen oder Flächenberechnungen, die nach den einschlägigen Normen erstellt werden (siehe Abschnitt 10.2A «Die kubische Berechnung»).
Wenn sich Architekt und Bauherrschaft auf eine Lösungsmöglichkeit einigen können, wird die nächste Teilleistung in Angriff genommen: das Vorprojekt.
Vorprojekt
Bei dieser Teilleistung (Art. 4.1.3 SIA 102) wird die ausgewählte skizzenartige Lösungsmöglichkeit zu einem vollständigen Vorprojekt weiterbearbeitet. Der Architekt berücksichtigt dabei die Vorschläge der beigezogenen Spezialisten und Berater sowie die behördlichen Auflagen. Der Massstab für die Pläne wird nicht angegeben, üblich sind jedoch 1:200 oder 1:100.
Grobschätzung der Baukosten und Termine
Mit der letzten Teilleistung der Vorprojektphase (Art. 4.1.4 SIA 102) werden die Unterlagen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Vorprojekts bereitgestellt. Die Kostenaussage ist gegenüber der Teilleistung «Studium von Lösungsmöglichkeiten» schon etwas genauer (angegeben werden +/- 25%). Basis der Kostenermittlung sind weiterhin vorwiegend kubische Berechnungen oder Flächenberechnungen, eventuell auch andere grobe Erfahrungswerte. In der Grundleistung enthalten ist im weiteren das Aufstellen eines generellen Zeitplanes für das Bauvorhaben. Als Zusatzleistung gelten weitergehende Kostenberechnungen, insbesondere der Vergleich der Baukosten von Varianten.
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Phase 2: Die Projektphase
Während der Projektphase wird das Vorprojekt zu einem bewilligungsfähigen Baueingabeprojekt weiterentwickelt. Diese Phase der Verfeinerung beinhaltet im Gegensatz zur Vorprojektphase eher routinemässige Tätigkeiten.
Bauprojekt
Die Teilleistung «Bauprojekt» (Art. 4.2.1 SIA 102) ist recht umfangreich und beinhaltet einen erheblichen Anteil des Architektenhonorars. Das wichtigste Resultat ist ein vollständiger Plansatz, der als Grundlage für das Baugesuch verwendet werden kann. Der Massstab wird nicht angegeben, häufig ist jedoch von den Behörden 1:100 vorgeschrieben.
Am Bauprojekt wirken alle beteiligten Planer mit. Der Architekt koordiniert als Gesamtleiter deren Tätigkeit und berücksichtigt ihre Vorschläge im Projekt. Zusammen mit den Haustechnikplanern werden beispielsweise Lage und Grösse von technischen Zentralen festgelegt. Die Zusammenarbeit kann aber weit über solche elementare Fragen hinausgehen. So ist es denkbar, dass eine energietechnisch optimale Fassade von Architekt und Haustechnikplanern gemeinsam konzipiert wird. – Der Bauingenieur ist ein weiterer Spezialist, der das Bauprojekt wesentlich mitprägt. Er entwirft das Tragwerk und ermittelt die ungefähren Dimensionen. Dadurch können beispielsweise die Höhe von Unterzügen oder die Lage von Aussteifungen bereits im Bauprojekt angeben werden.
Nicht vergessen darf man die diversen Behörden und technischen Amtsstellen, die im verborgenen eifrig mitplanen. Auch sie muss der Architekt koordinieren. Ihre Forderungen können auf den verschiedensten Gebieten (Brandschutz, Fabrikgesetz, Parkplätze, Schutzräume und vieles weitere mehr) ausgesprochen einschneidend sein.
Schätzung der Baukosten und Termine
Diese Teilleistung (Art. 4.2.2 SIA 102) unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der entsprechenden Teilleistung aus der Vorprojektphase (Art. 4.1.4 SIA 102). Die Kostenermittlung ist lediglich etwas präziser. Für die Genauigkeit werden +/- 20% angegeben. Instrumente sind nach wie vor die kubische Berechnung und ähnliche summarische Methoden. In die Berechnungen einbezogen sind die Kostenschätzungen von Spezialisten und Beratern aus ihren Leistungsbereichen. Die Elementmethode als modernes Instrument der Kostenplanung wird nicht erwähnt (siehe Abschnitt 10.2B «Kostenermittlung nach Bauteilen / Elementmethode»).
Baubewilligungsverfahren
Ziel dieser relativ kleinen Teilleistung (Art. 4.2.3 SIA 102) ist das Erlangen der Baubewilligung. Die Teilleistung beinhaltet das Zusammenstellen des kompletten Dossiers, das für die Eingabe nötig ist (mit Plänen, Formularen, Berechnungen etc.). Darunter fallen unterschiedliche Detailgesuche, etwa für Oeltanks, Schutzräume und Lifte. Gesuche, die von den Spezialisten eingereicht werden, koordiniert der Architekt. Weitere Tätigkeiten sind Verhandlungen mit den Behörden einschliesslich Projektanpassungen aufgrund von behördlichen Anforderungen.
Detailstudien
Diese Teilleistung (Art. 4.2.4 SIA 102) ist eine wichtige Vorstufe für den anschliessenden Kostenvoranschlag. Sie beinhaltet das Festlegen von Qualitäten und Materialien aller Art in Absprache mit dem Auftraggeber. Für wichtige Bauteile werden zudem skizzenhafte Detailpläne erstellt, aus denen die technische und architektonische Lösung hervorgeht.
Ein unscheinbares, aber typisches Beispiel einer Detailskizze kann die Dachrinne bei einem konventionellen Satteldach betreffen. Die Finessen der Konstruktion zeigen sich erst in einer recht grossen Schnittzeichnung (Massstab 1:1 oder 1:5). Aus ihr geht unter anderem hervor, wie die Unterkonstruktion des Zimmermanns beschaffen sein muss, wie die Rinne befestigt wird und welche Abwicklung die verwendeten Bleche haben. Derartige Informationen sind nötig, um beispielsweise die Kosten der Spenglerarbeiten seriös zu ermitteln.
Als Zusatzleistung gilt das Erstellen eines detaillierten Material- und Konstruktionsbeschriebes (beispielsweise in Form von Raumblättern) als Arbeitsunterlage für Dritte. Ein solches Dokument wird etwa für Generalunternehmerausschreibungen benötigt.
Kostenvoranschlag
Mit der Teilleistung «Kostenvoranschlag» (Art. 4.2.5 SIA 102) wird eine solide Grundlage für die Beurteilung der Kosten geschaffen. Der Kostenvoranschlag (siehe auch Abschnitt 10.2C «Kostenermittlung nach Arbeitsgattungen / Kostenvoranschlag») basiert auf dem Baubeschrieb, einer detaillierten Beschreibung der vorgesehenen Arbeiten und Lieferungen. Für alle wesentlichen Positionen werden die benötigten Mengen (Ausmasse) ermittelt.
Betrachten wir dazu nochmals das oben angeführte Beispiel mit der Dachrinne. Massgebend für den Preis der Rinne ist zunächst das gewählte Material, beispielsweise Kupfer. Der Preis ergibt sich aus der Länge der Rinne (dem Ausmass) und dem geschätzten Einheitspreis (in Fr. pro Laufmeter) für die vorgesehene Ausführungsart. Dazu kommen noch diverse Zuschläge, etwa für den seitlichen Abschluss.
Der Architekt kann vermutlich nicht bei allen Positionen die Preise selber genügend genau abschätzen. In diesen recht häufigen Fällen holt er bei Unternehmern und Lieferanten Richtofferten ein.
Der Kostenvoranschlag ist in der Regel nach dem sogenannten Baukostenplan (BKP) gegliedert. Der Genauigkeitsgrad beträgt +/- 10%, sofern nicht eine andere Vereinbarung getroffen wird. Er ist zusammen mit den Beträgen für Unvorhergesehenes anzugeben. Im Kostenvoranschlag des Architekten berücksichtigt sind die (Teil)-Kostenvoranschläge der Spezialisten (beispielsweise für die Installationen).
In den Grundleistungen enthalten ist das Nachführen des generellen Zeitplanes für das Bauvorhaben. Als Zusatzleistungen gelten jedoch unter anderem Schätzungen von Betriebs- und Unterhaltskosten sowie Baukostenvergleiche von grundsätzlich verschiedenen Konstruktionsarten.
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9.2 Die vier Kreise des Sparens beim Planen
Günstig bauen ist zwar weitgehend das Resultat kostenbewusster Arbeit der beauftragten Planer, aber nicht ausschliesslich. Der Einfluss des Auftraggebers ist grösser, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Praktisch alle wichtigen Zwischenentscheide werden nämlich von Planungsteam und Bauherrn gemeinsam getroffen, was in der Regel auch Einflüsse auf die Kosten hat.
Als Orientierungshilfe für kostenbewusste Bauherren gehe ich nachfolgend etwas näher auf die Möglichkeiten und Techniken des Kostensparens ein. Engagierte Investoren erhalten dadurch Anregungen, um die Planer allenfalls mit sanftem Zwang dazu anzuhalten, die Potentiale das Kostensparens seriös auszuloten. Die Planungstätigkeiten und somit die Kostensparpotentiale unterteile ich in die vier Bereiche Entwurf, Konstruktion, Energiekonzept und Optionen.
Weil die meisten Leser vermutlich mehr Erfahrung mit dem Kauf eines Autos haben als mit der Abwicklung eines Bauvorhabens, verwende ich zur Illustration einige Analogien aus der Welt des Autos. Die Vergleiche dienen nur dazu, die gewählte Gliederung in die vier Bereiche (Kreise) besser zu verstehen.
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Die vier Kreise des Kostensparens beim Planen
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Eine Vorbemerkung zur Projektdefinition
Während der Projektdefinition als Vorstufe zur Planung werden die Vorgaben der Bauherrschaft in einem Pflichtenheft (Raumprogramm) zusammengestellt. Es beinhaltet eine anspruchsvolle Kostenvorgabe für die Projektentwicklung und enthält im allgemeinen kein Kostensparpotential (siehe Abschnitt 6.3 «Mit dem Pflichtenheft sind die Baukosten weitgehend bestimmt»; Absatz «Kann man bei der Projektdefinition Kosten sparen?»).
Analog ist es in der Autoindustrie. Hier wird im Pflichtenheft beispielsweise ein neuer Typ von Stadtauto definiert. Die wesentlichen Leistungsmerkmale werden darin festgehalten. Möglicherweise wird postuliert, dass es neckisch und fröhlich erscheinen soll und höchstens 12 000 Franken kosten darf.
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Kreis A: Entwurf
Darunter verstehen wir die Umsetzung der vorgegebenen Nutzung (Pflichtenheft, Raumprogramm) in ein bauliches Konzept. Mit dem Entwurf, einer Kerntätigkeit der Planer, können die Kosten in grossem Rahmen beeinflusst werden. Allerdings setzt kostenbewusstes Planen viel Erfahrung und breite Kenntnisse voraus. Da der Entwurf normalerweise stufenweise erarbeitet wird, muss die Bauherrschaft immer wieder Stellung dazu nehmen und zusammen mit den Planern Zwischenentscheide fällen. Sie kann somit nicht unwesentlich zu günstigen Kosten beitragen.
Auch für ein neues Automobil gibt es eine Phase des «Entwurfs». Die Anforderungen im Pflichtenheft werden in ein konkretes, fahrbares, aber noch nicht serienreifes Produkt umgesetzt (Prototyp). Dabei sind durchaus unterschiedliche An-sichten möglich, wie beispielsweise ein sparsames Stadtauto für zwei Personen und zwei Kisten Bier auszusehen habe. Auch technische Laien können und müssen hier mitreden (beispielsweise Marketingleute), nicht nur Designer und Ingenieure.
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Kreis B: Konstruktion
Unter der Konstruktion verstehen wir im Bauwesen die technische Umsetzung des teilweise noch materialneutralen Entwurfs. Dies ist das Feld der Ingenieure und Techniker, also der Profis.
Konstruktion gibt es auch im Automobilbau. Das (kostengünstige) Bauen von Fahrzeugen hat sich in der knapp hundertjährigen Geschichte des Autos zu einer wahren Wissenschaft entwickelt. Im Laufe dieser langen Zeit haben sich allerdings die Vorstellungen darüber radikal verändert, wie man am besten zum Erfolg kommt. Während beispielsweise Henry Ford noch jede Schraube selber hergestellt hat, wird heute in grossem Stil «Outsourcing» betrieben. Von Lieferanten überall auf der Welt werden möglichst hochwertige Komponenten eingekauft.
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Kreis C: Energiekonzept
Unter dem Energiekonzept verstehen wir die Auslegung eines teils baulichen, teils technischen Systems, das Energie konsumiert und primär die klimatischen Bedingungen im Gebäude regelt. Das Energiekonzept ist ein wichtiges Teilsystem eines Bauwerks. Es kann von der Bauherrschaft, je nach den geforderten Leistungsmerkmalen, in einer gewissen Bandbreite frei gewählt werden.
Hier ist eine Analogie mit der Automobilindustrie speziell interessant. Auch der Motor ist ein zentrales technisches System, bei dem eine gewisse Wahlfreiheit besteht. Wer Sportlichkeit bevorzugt, wählt einen Motor mit viel PS. Wer sparen will, fährt möglicherweise Diesel. Die Umweltbewussten schliesslich begnügen sich mit dem kleinsten Motörchen. Alle Anforderungen bringt man allerdings nicht unter einen Hut: der Preis der hohen Leistung sind höhere Betriebskosten und eine vermehrte Belastung der Umwelt.
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Kreis D: Optionen
Dieser Kreis des Kostensparens hat einen etwas anderen Charakter als die drei Kreise Entwurf, Konstruktion und Energiekonzept. Bei den bisher behandelten Kreisen geht es darum, geforderte Leistungsmerkmale aller Art mit minimalen Kosten zu erreichen, was in der Regel viel Denkarbeit erfordert. Bei den Optionen jedoch besteht für die Bauherrschaft die Sparstrategie naheliegenderweise darin, die eigenen Ansprüche zu begrenzen. Sie soll mit ihren Wünschen zurückhaltend sein.
Zu den Optionen gehören diejenigen Bauteile, welche von der Bauherrschaft weitgehend autonom bestimmt werden können, beispielsweise Bodenbeläge, Wand- und Deckenverkleidungen, Ausstattungen in Sanitärräumen bis hin zu kompletten Systemen für die Steuerung der gebäudetechnischen Anlagen. Die Wahl richtet sich einerseits nach den Ansprüchen an Komfort, Prestige, Unterhalt und dergleichen, andererseits nach den vorhandenen finanziellen Mitteln.
Das Prinzip der Optionen zeigt sich sehr schön im Automobilbau. Auch hier kann die Ausstattung, innerhalb gewisser Limiten, aus einem Baukasten frei zusammengestellt werden. Viele sogenannte «Features» (Ausstattungsmerkmale) sind beim Auto wählbar, und ständig werden es mehr. Früher war es anders: Henry Ford hat in den Anfängen konsequent nur ein Modell gebaut und nicht einmal bei den Farben Konzessionen gemacht. Heute bewegen wir uns im Automobilbau auf die Losgrösse 1 zu: jedes Auto ist tendenziell ein Unikat und nach Kundenbedürfnissen gefertigt. Spezielle Kataloge mit allen Wahlmöglichkeiten (Airbag, Sportreifen, Schiebedach, Farbe etc.) erleichtern es den Interessenten, ihr Wunschauto zusammenzustellen.
Die Wahlfreiheit hat allerdings ihre Grenzen, bei Gebäuden wie bei Autos. Bei Fahrzeugen ist die Form der Karosserie, mit Ausnahme von allenfalls unter-schiedlichen Grundausführungen, tabu für Spezialwünsche. Desgleichen wird bei einem Gebäude der ambitionierte Bauplaner den Wünschen der Kundschaft nur bis zu einem gewissen Grad entgegenkommen und beispielsweise Fenster in sorgfältig gestalteten Fassaden nicht beliebig verändern oder verschieben.
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Sind die Kreise des Sparens unabhängig voneinander?
Auch wenn die vier Bereiche (Kreise) separat dargestellt werden, sind sie in Wirklichkeit keineswegs unabhängig voneinander. Sie sind teilweise sogar ausgesprochen stark miteinander vernetzt. Die Grundprinzipien der Konstruktion beispielsweise müssen bereits im Entwurf integriert sein. Auch das Energiekonzept, das mit Vorteil in einem ganz frühen Zeitpunkt ausgelegt wird, ist in hohem Masse mit dem Entwurf verknüpft. Entwurf, Konstruktion und Energiekonzept müssen somit mehr oder weniger synchron entwickelt werden.
Lediglich bei den Optionen sind die Entscheide in der Regel von so geringer Tragweite, dass sie spät im Projektablauf getroffen werden können, teilweise sogar erst während der Bauausführung. Normalerweise geht es dabei um Detailspezifikationen von Teilen von Ausbau und Gebäudetechnik.
Nach diesem ersten Überblick gehen wir in den nächsten Abschnitten vertieft auf die vier Sachgebiete oder Kreise des Sparens ein.